Sonntag, 11. November 2007
Die bleichen Berge
Wir waren jetzt in Bozen. Unser Hotel war alt und gut in Schuss. Die Zimmer waren neu und ziemlich gemütlich. Ich kaufte mir einen Hut bei Rizzolli, der ältesten Hutmacherei in der Stadt. Den Hut wollte ich zukünftig beim Fischen tragen.
Seit heute regnete es. Wir spazierten durch die Altstadt und verzogen uns in eine Weinklause, wo wir uns an einen Tisch setzten, an dem schon Einheimische saßen. Der Wirt war ein Italiener; etwas mürrisch, aber den Wein, den er uns brachte, konnte man sich gefallen lassen. Es war ein Lagrein und seine Farbe war Dunkelrot und er schmeckte ein bisschen wie reife, schwarze Süßkirschen. Wir aßen verschiedene mit Olivenöl beträufelte Brote dazu; warmes, krosses, duftendes Brot. Scheiben von Tomaten, gehobelter Parmesan, frisches Basilikum, salzige Sardellen. Die Brote pfefferten wir grob aus der Mühle, bis uns der Schwarzpfeffer scharf in Nase stieg.
Die Stunden nach der Mahlzeit verbrachten wir auf unserem Zimmer. Wir machten es uns gemütlich und dann schliefen wir ein.
Als wir zum Abendessen aufbrachen, regnete es nicht mehr. Aber da die Wolken den Himmel ganz bedeckten war es grau und trist in den Straßen. Auf dem nassen Pflaster spiegelte sich das Licht aus den Häusern. Und weil die Läden geschlossen waren, waren auch keine Leute unterwegs. Es war die Zeit zwischen dem Nachmittag und dem Abend. In einer Auslage auf der anderen Seite der Straße sahen wir Licht. Angezogen von dem warmen Licht gingen wir hinüber. Bücher! Wir fragten den Mann, der uns begrüßte, ob es auch deutsche Bücher gäbe. Wir sahen sein freundliches Nicken und waren froh über unsere Entdeckung: Ein Laden voller Bücher an einem grauen Bozner Spätnachmittag. Eine ganze Weile stöberten wir herum. Es gab einfache braune Holzregale und ein rotes Sofa. Die Bücher waren nach Ländern sortiert und die Regale mit kleinen, weißen handgeschriebenen Zetteln markiert: spanische Autoren in spanischer Sprache, italienische in italienischer, französische in französischer, polnische in polnischer, deutsche in deutscher und so weiter. Natürlich gab es auch Übersetzungen. Ich kaufte ein Buch von Francisco Coloane, Feuerland. Außerdem ein Literaturmagazin. Das Magazin versprach eine Zeitschrift für brauchbare Texte und Bilder zu sein. Der Laden war wirklich gut sortiert und wir blieben bestimmt an die zwei Stunden.
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wurden und Schritte auf dem Holzboden und das Rücken von Stühlen war zu
hören. Wir stellten uns alles vor. Die Stimmen, die wir hörten, waren
uns vertraut geworden und wir konnten den Stimmen Gesichter zuordnen.
Es war ein Kommen und Gehen beim Auftragen und dazwischen war das
Klappern im Besteckkasten zu hören, und die Tritte auf dem Holzboden
klangen hart und versetzten den Boden in leichte Vibrationen, die bis
in die Bibliothek zu spüren waren. Mir brannten die Augen vom Starren
auf mein Manuskript und vom Lesen, aber ich hatte die Hälfte meiner
Arbeit geschafft und den ersten Teil meines Buches überarbeitet. Es war
einiges, was zu bearbeiten war, besonders in den ersten vier Kapiteln.
Den Rest hatte ich für die Zugfahrt vorgesehen und hoffte noch gut
voranzukommen. Wir tranken noch einen Rest aus der Flasche vom Abend
davor. Es war wieder Lagrein, obschon wir viele andere Rote probiert
hatten. Ich fragte den Wirt, was wir unbedingt noch trinken sollten. Er
brachte einen Dolcetto d´Alba, Jahrgang 96. Der Wein war ausgezeichnet.
Voll, mit einem leichten Speckgeschmack; schwer, aber nicht zu schwer
und es war ein wirklich guter Abschluss. Am Morgen kam unsere
Verabredung. Wir verstauten die Koffer und fuhren den Berg hinunter auf
die Hauptstraße. Nach Brixen waren es vielleicht zwanzig Kilometer. Am
Bahnhof in Brixen setzte uns Frau Torggler ab und wir gaben unsere
Koffer in die Gepäckaufbewahrung. Ein Jüngerer und ein Älterer nahmen
unser Gepäck und gaben uns den Abholzettel. Wir gingen über die Via
Statione Richtung Zentrum. An der Straße standen große Villen. An dem
Giebel einer Villa war das Bild einer Biene aufgemalt; darunter stand:
Lernt von den Bienen. Wir bummelten noch ein bisschen und gingen ein
paar Gassen, Straßen und Plätze ab und waren auch im Dom. Wir aßen zu
Mittag und gingen zum Bahnhof zurück. Wir lösten unser Gepäck aus, in
dem wir zahlten. Der Jüngere gab die Koffer raus, aber das Trinkgeld
wollte er nicht. Wir hatten uns angewöhnt erster Klasse zu fahren und
daraus kann man lesen, dass es auch eine Zeit gab, in der wir uns das
nicht leisten konnten, und jetzt genossen wir es. Von Bozen aus hatten
wir zwei Pakete nach Hause geschickt, und als wir ankamen, waren die
Pakete schon da. In dem einen Paket war mein Hut. In dem anderen waren
getrocknete Steinpilze, Pfifferlinge, Tomaten und zwei Hände voll
frischer Peperoncini.
wurden und Schritte auf dem Holzboden und das Rücken von Stühlen war zu
hören. Wir stellten uns alles vor. Die Stimmen, die wir hörten, waren
uns vertraut geworden und wir konnten den Stimmen Gesichter zuordnen.
Es war ein Kommen und Gehen beim Auftragen und dazwischen war das
Klappern im Besteckkasten zu hören, und die Tritte auf dem Holzboden
klangen hart und versetzten den Boden in leichte Vibrationen, die bis
in die Bibliothek zu spüren waren. Mir brannten die Augen vom Starren
auf mein Manuskript und vom Lesen, aber ich hatte die Hälfte meiner
Arbeit geschafft und den ersten Teil meines Buches überarbeitet. Es war
einiges, was zu bearbeiten war, besonders in den ersten vier Kapiteln.
Den Rest hatte ich für die Zugfahrt vorgesehen und hoffte noch gut
voranzukommen. Wir tranken noch einen Rest aus der Flasche vom Abend
davor. Es war wieder Lagrein, obschon wir viele andere Rote probiert
hatten. Ich fragte den Wirt, was wir unbedingt noch trinken sollten. Er
brachte einen Dolcetto d´Alba, Jahrgang 96. Der Wein war ausgezeichnet.
Voll, mit einem leichten Speckgeschmack; schwer, aber nicht zu schwer
und es war ein wirklich guter Abschluss. Am Morgen kam unsere
Verabredung. Wir verstauten die Koffer und fuhren den Berg hinunter auf
die Hauptstraße. Nach Brixen waren es vielleicht zwanzig Kilometer. Am
Bahnhof in Brixen setzte uns Frau Torggler ab und wir gaben unsere
Koffer in die Gepäckaufbewahrung. Ein Jüngerer und ein Älterer nahmen
unser Gepäck und gaben uns den Abholzettel. Wir gingen über die Via
Statione Richtung Zentrum. An der Straße standen große Villen. An dem
Giebel einer Villa war das Bild einer Biene aufgemalt; darunter stand:
Lernt von den Bienen. Wir bummelten noch ein bisschen und gingen ein
paar Gassen, Straßen und Plätze ab und waren auch im Dom. Wir aßen zu
Mittag und gingen zum Bahnhof zurück. Wir lösten unser Gepäck aus, in
dem wir zahlten. Der Jüngere gab die Koffer raus, aber das Trinkgeld
wollte er nicht. Wir hatten uns angewöhnt erster Klasse zu fahren und
daraus kann man lesen, dass es auch eine Zeit gab, in der wir uns das
nicht leisten konnten, und jetzt genossen wir es. Von Bozen aus hatten
wir zwei Pakete nach Hause geschickt, und als wir ankamen, waren die
Pakete schon da. In dem einen Paket war mein Hut. In dem anderen waren
getrocknete Steinpilze, Pfifferlinge, Tomaten und zwei Hände voll
frischer Peperoncini.
Geschrieben von
in Weite Welt
um
13:34
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