Freitag, 23. März 2012
Über Entschlossenheit und Gleichgültigkeit.
Ich bin in Köln Chorweiler zur Schule gegangen. Das sagt nur dem geneigten Kölner etwas. Nennen wir es mal einen sozialen Brennbezirk. Einen, wie es ihn in Deutschland in der Form zum Glück nur selten gibt. Der Ausländeranteil der Einwohner liegt sicher über 70 %, der in der Schule lag über 50%. Die Architektur untermauert die sozialen Spannungen. Niemand besucht Chorweiler, um sich das mal anzusehen. Man fährt nur weg, nicht hin. Wenn man kann.
In Chorweiler ist eine große Gesamtschule mit weit über 2.000 Schülern. Es gab 12 fünfte Klassen, 12 sechste Klassen und so geht es bis zur 10. Dann nimmt die Anzahl der Klassen rapide ab.
Das erzähle ich, um auf etwas hin zuweisen. Auf den Blick der Entschlossenheit. Den habe ich da kennen gelernt. Viele Menschen sind entschlossen, Dinge zu tun. Diese Art der Entschlossenheit habe ich heute Morgen zufällig wieder in den Augen von Menschen am Münchner Bahnhof gesehen. Es waren durchweg die Augen von Ausländern. In diesen erkenne ich diesen Blick. Die Einstellung zur Entschlossenheit. Es ist ein ganz besonderer Ausdruck. Der kann einem Angst machen, wenn er gegen einen selbst gerichtet ist. Hat man diesen Blick aber auf seiner Seite, dann ist das wie mächtiger Rückenwind. Ein unglaubliches Gefühl, Menschen an seiner Seite zu haben mit dieser Art von Entschlossenheit.
Bei den meisten Menschen sehe ich diesen Ausdruck nicht. Vor allem bei meinen deutschen Mitbürgern. Der Blick ist meist ausweichend, arrogant, nervös, gleichgültig und leer. Selten sehe ich in Augen, die auf mich entschlossen wirken und wenn, dann sind es meist Kinderaugen. Die haben diese Fähigkeit noch, die offensichtlich im Laufe der Zeit verloren geht.
Ich mag diese Entschlossenheit. Die hat was Anpackendes und Zupackendes. Die hilft einem wirklich. Die macht was. Die bewegt was. Die ist nicht egoistisch, träge und faul. Aber sie geht auch schon mal über Grenzen. Es ist dieselbe Entschlossenheit mit der auch Gewalt ausgeübt wird.
Eine Entschlossenheit, die über die Angst hinweg hilft. Welche die Angst überdeckt, überlagert oder gar nicht erst aufkommen lässt. Welche Schmerzen, Hindernisse oder Gefahren übersieht. Einfach bei Seite schiebt.
Trotzdem ist mir diese Entschlossenheit näher und lieber als diese Gleichgültigkeit. Man muss sie nur besser kanalisieren. In gute Bahnen führen. Positiv einsetzen und nutzen.
Dann ist Entschlossenheit eine absolut wünschenswerte Charaktereigenschaft für mich. Aber ich sehe sie nicht oft. Diese funkeln in den Augen. Dieser Blick. Die ganze Physionomie, die es ausdrückt: Ich mach das. Ich kann das. Ich will das. Wunderbar.
Es scheint eine Eigenschaft zu sein, die vor allem da vor kommt, wo die Geigen nicht im Himmel hängen und es nicht Milch und Honig regnet. Auf der Sonnenseite des Lebens trifft man nur vereinzelt auf diese Art der Entschlossenheit. Es scheint die Bereitschaft zum Ausdruck zu bringen, zum Äußersten zu gehen. Und manchmal darüber hinaus.
In München sehe ich diesen Ausdruck sehr selten, darum ist es mir heute Morgen so sehr aufgefallen - positiv.
Dienstag, 27. Dezember 2011
Das Jahr 2011. 2012 kann kommen. Komm doch. Ich bin bereit. Komm!
2011. Höhen und Tiefen. Weiten und Nähe. Hitze und Kälte. Verlust und Gewinn. Abschied und Ankunft. Laufen und Schlafen. Trennung und Verbindung. Freude und Trauer. Begleiten und Verweilen. Lassen und Anfangen. Bewegung und Stillstand. Begrüßen und Verabschieden. Alleine und Gemeinsam. Lust und Angst. Außer Atem und Atemlos. Liebe und Wut. Verstehen und Unverständnis. Verzweiflung und Zuversicht. Reden und Schweigen. Stille.
Ein Jahr ist aus der großen Entfernung betrachtet, dann doch wie alle Jahre. Eine Zahl. Aus der Nähe betrachtet sieht dass ganz anders aus. Jedes Jahr hat dann eine eigene unverwechselbare Farbe. Dieses Jahr hat eine eher dunklere Farbe: Ein Dunkelgrün. Jedes Jahr hat eine eigene Musik. Dieses klang eher nach Johann Sebastian Bach. Jedes Jahr ist wie ein Roman, dieser ist sicherlich ein Drama. Jedes Jahr hat einen eigenen Geschmack, dieses war bitter und nur manchmal süß. Jedes Jahr ist wie eine Pflanze, dieses war wie Efeu. Jedes Jahr ist eigentlich gleich. Ein Kommen und Gehen. Aber bei genauem Hinsehen völlig anders. Es ist wie mit Schneeflocken. Sie sehen alle gleich aus, dabei gleicht keine der anderen. Diese Schneeflocke mit der Bezeichnung 2012 ist nun vom Himmel gefallen. Und die mit der Bezeichnung 2011 macht sich auf die Reise.
Die Erinnerungen an ein Jahr sind die Spitzen der Emotionen. Im Negativen wie im Positiven. Es scheint, dass wir aus jedem Jahr nur eine gewisse Anzahl von sehr positiven und sehr negativen Erinnerungen in unseren Erinnerungen mitnehmen dürfen. Aus gutem Grund. Sind es zu viele negative, dann fällt das rückblickend nicht mehr so ins Gewicht. Und zu viele positive, gibt es das denn?
Es scheint so, als ob in das Buch der Erinnerungen an ein Jahr nur die Geschehnisse kommen, die mit einer gewissen, großen Portion Emotion verbunden sind. Weil diese immer seltener werden bleiben viele Seiten leider leer und weiss. Was war 2008? Was war 2004? Wann erleben wir noch unglaubliche Höhen und Glücksmomente? Von der enormen Höhe, dass diese für immer im Buch unserer Erinnerungen einen Platz haben? Als Kind gab es reichlich davon. Im Laufe der Jahre, werden diese Erlebnisse immer weniger. Und weichen den Ängsten, Befürchtungen und dem Schicksal. Für die negativen müssen wir nicht groß sorgen, die kommen von allein und nehmen sich ihren Platz ohne zu fragen. Mit zunehmendem Alter scheinen es mehr und mehr zu werden. Und jedes Jahr beginnen wir mit der Hoffnung und Zuversicht - dieses wird ein überglückliches. Wie mit dem kommenden. 2012 hat mal wieder die Chance ein unglaublich schönes zu werden. Denn es beginnt bei eins, dem 1 Januar.
2012. Meine Vorfreude auf das neue Jahr war selten so gewaltig. Meine Wünsche, meine naive, ungetrübte Hoffnung ist nur eine, dass im Jahr 2012 die weissen Seiten der Erinnerung mit unglaublich positiven Erinnerungen bemalt werden. Das wäre wunderbar. Was sage ich, das wird wunderbar.
Mittwoch, 9. November 2011
Womit beschäftigen wir uns eigentlich? In Gedanken, tagaus, tagein.
Wenn Sie sich mal die tagesaktuellen Meldungen anschauen, die aus Twitter oder den Nachrichtenportalen, dann tun Sie das bitte mit halb geöffneten Augen und einer unverstellten Grundhaltung. Sie fliegen also nur mal so drüber über die Texte und all das andere, das es bis in ihr Bewusstsein vordringt. Und dann nehmen Sie bitte auch noch all das Grelle und Lärmende der Neuigkeiten wahr. Nun sollte sich ein Erstaunen darüber breitmachen, mit was man sich in diesem Land tagaus, tagein so beschäftigt. Oder eben nicht beschäftigt.
Wenn ich diese Themen mal vor mir ausbreite, dann fällt mir auf, dass kaum eines darunter ist, das sich mit den Primärbedürfnissen der Menschen befasst. Stattdessen drehen sich die Themen ausnahmslos um solche Ereignisse, Nebenwirkungen und Auswüchse die sich im Kontext der Befriedigung von Sekundärbedürfnissen ereignen.
Performance ist so ein Begriff. Vieles dreht sich um die Performance. Also um das, wie es zu sein scheint, und nicht darum, wie es wahrhaftig ist. Das alles gaukelt uns vor, es ginge uns mindestens gut, wahrscheinlich sogar sehr gut. Denn wir müssen uns nicht mit der Befriedigung von Primärbedürfnissen befassen. Es gibt keinen Hunger. Keine Krankheit. Keine Probleme mit der persönlichen Freiheit, der Unabhängigkeit, dem Wohlstand, mit Sicherheit, Gesundheit, Bildung, Liebe, Glück, Zufriedenheit und all dem anderen.
Wir sind in der priviligierten Lage, uns nur mit solchen Dingen beschäftigen zu müssen, die mehr oder minder hausgemachte Probleme abbilden. Wenn Menschen aus anderen Ländern zu uns rüberschauen, könnten unsere Wehwechen und das damit einhergehende Leiden bei ihnen Fassungslosigkeit auslösen. Und wenn man selbst einen Moment darüber nachdenkt, was einen gerade beschäftigt, dann muss man gut aufpassen, diesen Banalitäten nicht zu viel Raum in seinem Kopf zu überlassen. Um sich selber noch ernst nehmen zu können. Mein Mitleid, Beileid, mein Verständnis, aber auch meine Freude, meine Zustimmung und meine positive Anteilnahme dessen, was die Öffentlichkeit so beschäftig, ist äußerst begrenzt. Sehr begrenzt. Und oftmals auch kaum vorhanden.
So beschäftige ich mich doch lieber mit ganz anderen Dingen. Damit, Glühbirnen auszuwechseln. Die Küche aufzuräumen. Mit Schreiben, Grübeln, Reflektieren, Sinnieren, Überdenken. Zwischendrin mit dem Ausräumen der Spülmaschine. Es gibt so viel Sinnvolleres zu tun und zu denken, als das, was einem auf allen Kanälen so dargeboten wird. Zum Glück, denn das ist unglaublich und wunderbar erfüllend.
Dienstag, 25. Oktober 2011
Sensibles Thema
Wie sensibel bin ich eigentlich? Wie misst man Sensibilität überhaupt? Wann ist man genügend sensibel für die eigenen Ansprüche und die seiner Umwelt? Wann ist man womöglich zu sensibel? Sensibilisiert zu sein, was bedeutet eigentlich das? Oder unsensibel, meint das: keine Sensibilität zu besitzen? Dir fehlt es an Sensibilität! Mein Gott, bist du aber sensibel!
Sensibelchen, wo fangen die an und wo hören sie wieder auf? Mit dem Begriff und dem zugehörigen Gefühl verbinde ich eine ausgeprägte Verunsicherung. Hat es davon doch immer entweder zu viel oder zu wenig. So wie es einem unter diesen alten Schwimmbadduschen geht, unter denen man sich entweder verbrüht oder verkühlt. Man schafft es einfach nicht, die richtige Mischung einzustellen. Millimeter liegen zwischen heiss und kalt, und der Punkt wandert hin und her. Was die jeweils gebotene Sensibilität ist, das lässt sich schlimmstenfalls nicht einmal erlernen. Erklären kann das soundso niemand. Geschweige denn, dass es irgendwo geschrieben steht. Wann nimmt man sein Gegenüber in den Arm, und wann lässt man das besser bleiben? Wann gilt es zu schweigen? Wann ist es zuviel davon? Und wann bleibt es zu wenig? Vorwürfe. Wenn ich an Sensibilität denke, spüre ich Vorwürfe und Blicke. Bohrende Blicke in meinem Rücken. Blicke, die sich abwenden.
Lässt sich Sensibilität gedanklich ergründen? Es lässt. Mit der Kraft der Gedanken alleine? Oder sollten wir besser nachempfinden, hineinspüren, fühlend ertasten? Nur, warum eigentlich. Ist das Gefühlte denn weniger wert als das Gedachte? Glaub' ich nicht, ganz im Gegenteil. Aber man spürt das so und man sagt es so. Obwohl einem klar ist, dass es wohl nicht stimmt. Die Grenzen verschwimmen. Es gibt keine Übergänge. Sensibilität ist so flach und tief wie die stille Wasseroberfläche eines ruhenden Sees.
Wie gerne würde ich von mir behaupten, sensibel genug zu sein. Sensibel genug um zu spüren, wann es soweit ist. Und wann noch nicht. Aber beim Thema der Sensibilität fühle ich wachsweiche Unsicherheit in mir. Ich bin durchweg unschlüssig. Es melden sich andauernd Zweifel über die richtige Einordnung der Gefühlslage. Ist das, was gerade ist, der Sensibilität, der Empathie, dem Mitleid, Mitgefühl, der Furcht oder der Lust zuzuordnen? Es gibt doch so viele Gefühle, die einem den lieben langen Tag begegnen. Die kommen und gehen, überlagern sich, bekämpfen sich. Man kann deren Herkunft und Bestimmung nicht eindeutig festlegen. Jedenfalls kann ich das nicht. Manchmal geraten meine Gefühl sogar ziemlich durcheinander: Ich sollte leiden, empfinde aber Lust. Ich sollte trauern, empfinde aber Lebendigkeit. Oder anders herum. Ist das noch normal? Ist das sensibel? Oder ist das krank zu nennen?
Gefühle sind nicht wie Worte, die sich auseinanderdividieren lassen. Wie Blumen, die man identifizieren kann. Das Gefühle verschwimmt in einem ganzen Gefühls-Ozean. Sind sensible Menschen sich klarer über ihre Gefühle als unsensible? Oder unklarer? Jedenfalls sind Fingerkuppen sensibel. Und die Haut ist es auch.
Vielleicht ist Sensibilität der Blick durch den Frühnebel, der nur erahnen lässt, was da ist, auf uns zu kommt oder hinter den Schwaden verborgen sein mag. Eventuell können sensible Menschen mehr sehen, besser hören, feiner fühlen. Weil sie die Fähigkeit besitzen, den Nebel unserer Wahrnehmung geschickter zu durchdringen. Sensible Menschen ahnen vorher, was nachher sein wird.
Ich glaube, ich wäre gerne sensibel. Für jetzt kann ich das nicht von mir behaupten. Allein deshalb, weil ich nicht weiß, woran das zu erkennen oder wie es zu messen ist. Schade eigentlich.
Dienstag, 6. April 2010
Viel vorgenommen
Und im Café auf gleich noch einen freien Tisch. Das wird ja immer besser. Früher nachmittag, München 22 Grad und Sonne und im Café ist gleich ein Tisch frei. Als meine Fokussierung nachlässt schaue ich mal rechts und links. Rechts neben mir sitzt ... Hallo?! Rechts neben mir sitzt Sebastian Schweinsteiger. Heute ist doch Champions League. Aber stopp, er ist ja gesperrt. Macht er sich also einen entspannten Tag am Gärtnerplatz. Cool.
Egal, ich genieße die Sonne, den Cappuccino und den Tisch. Heute habe ich eine Reise in die Vergangenheit unternommen - und eine in die Zukunft. Alles an einem Tag. Das bedeutet, dass ich geistig ganz schön unterwegs war. Zuerst begab ich mich auf eine Reise weit zurück. Ich war in einem Skateboardladen. Dazu muss man wissen, dass ich in meiner Jugend Skateboarder in Köln war. Und das ich eine lange Zeit auf der Domplatte zugebracht habe. Unsere Pilgerstätte war ein Laden auf der Ehrenstraße in München. Das Blue Diamond.
Wie oft haben wir unser paar Mark dahin getragen und sind nur mit paar Aufklebern raus. Alles darin war so unendlich begehrenswert, aber ich hatte einfach nicht die Kohle. Damals war ich so 15 Jahre. Skateboard war mehr eine Einstellungssache. Natürlich auch ein Sport, aber eigentlich war es ein Statement. So versuchte ich heute in dem endlos geilen Skateboardladen der Neuzeit mitten in München ein wenig ins Gespräch zu kommen. [Boneless Longboards & Clothes, Herzogspitalstraße 11, 80331 München http://www.boneless-muenchen.de ]
Die Zeitreise war unglaublich, ich fühlte mich wie damals, nur das mir die Preise so mikrig vorkommen. 4 Rollen kosteten um die 30 EUR. Heute denke ich na und. Damals wären das 60 Mark gewesen. Bei 20 Mark Taschengeld und Ausgaben von 50 Mark pro Monat undenkbar. Vieles von damals gibt es heute noch. Aber weit aus mehr hat sich verändert. So versuchte ich ein wenig meine Erinnerungen ins Spiel zu bringen, was mich aber unglaublich alt machte. Egal. Ist halt so.
Jedenfalls habe ich meinem Sohn ein Skateboard gekauft. Ein richtiges. Ein ordentliches. Nichts so ein Sportladen-Klump. Und bei der Vorstellung das ich mit meinem Sohn gemeinsam Skateboard fahren könnte, viel mir auf, dass mir eins fehlte. Somit habe ich mir gleich eins mit gekauft. Was für ein geiles Gefühl. Der Laden ist wirklich toll. Alles da. Und die machen das sofort. 15 Minuten später standen zwei Fertige vor mir. Eins geiler als das andere. Es gibt heutzutage Tüten für Skateboards. Witzig. Lange, flache Tüten in die ein Skateboard passt. So eine Art Baguette-Tüte für Skateborads. Der Laden hängt voll, mit allem, was das Skater-Herz höher schlagen lässt. Wie gesagt ich stand da quasi in meiner eigenen Vergangenheit. Schön. Ein wunderbares Gefühl. Und mein Entschluss den Traum von damals ein Stück weit wieder aufzunehmen und einfach weiter zu träumen fand ich auch toll.
Somit werde ich meinem Sohn und mir ein Board schenken und dann werden wir zusammen skaten. Vorab muss ich ein wenig üben, damit die Tricks von damals einigermaßen wieder funktionieren. Oder ich muss schnell raus bekommen, welche noch gehen. Mal schauen, ob ich das Skateboard wieder zu einem Teil meines Lebens mache. Wie damals. Muss nicht sein, kann aber.
Aber einen Traum, der soweit zurück liegt, einfach wieder aufzunehmen ist schon irre. Wenn mein Sohn nicht danach gefragt hätte, wäre ich selber nicht drauf gekommen. Wozu Kinder alles gut sind! Das Personal im Laden ist wirklich aufmerksam. Und irgendwie schaffen Sie es einen nicht alt aussehen zu lassen. Also nicht so alt wie man ist. Aber die Einstellung, die Typen sind damals wie heute identisch. Am liebsten hätte ich dem Besitzer erklärt wie sein Leben nun weiter geht, aber ich habe mich zurück gehalten.
Denn ich hatte einen Termin. Ein Termin, der gedanklich eine Reise in die Zukunft war. So fuhr ich los, noch ganz beseelt von der Zeitreise zuvor. Angekommen musste ich nun völlig umdenken. Plötzlich unterhielten wir uns darüber wie es in Zukunft sein könnte. Auch hier erlebte ich die selbe Faszination in mir. Komisch, ob ich zurück oder nach vorne blicke, das Gefühl ist gleich schön. So beschrieb ich ausführlich und sehr detailliert wie ich mir die Zukunft in meinem Geschäft vorstelle, dabei ließ ich immer einfließen, was davon schon Realität ist - und was als nächstes kommt.
Ist es nicht toll, was man mit Fantasie und Vorstellungskraft alles erleben, sehen und beschreiben kann. Manchmal liebe ich mein Gehirn, was mir das alles erst möglich macht. Es beeindruckt mich sogar. Denn innerhalb von sagen wir mal 3 Stunden ca. 40 bis 59 Jahre Zeitsprung, voller Emotionen, voller Bilder und Gefühle. Wahnsinn. Und das ohne Hilfsmittel, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen würden.
Was für ein Tag. Und jetzt sitze ich hier im Café, Schweinsteiger neben mir und heute Abend sitze ich im Stadion. Auch so eine seltsame Zusammenkunft. Der Mann, der auf den Platz gehört, sitzt plötzlich hier und ist heute Abend nicht da, wo er eigentlich hingehört.
Montag, 22. März 2010
Inspirationsantrieb
Aber wir leben nun mal in einer Welt, die wir selbst geschaffen haben. Eine Welt, in der genau diese beiden Aspekte einfach zu kurz kommen müssen. Ein Großteil unseres Tages ist verplant, ebenso ein Großteil unseres Denkens. Wir werden weitestgehend dadurch angetrieben, Systeme aufrecht zu erhalten, die wir selbst konstruiert haben. Dabei bedarf es keiner Inspiration oder Intuition, sondern man muss es einfach aushalten, durchhalten und machen.
Diese Systeme, die wir selbst erschaffen haben, haben sich längst verselbstständigt und verlangen uns weitaus mehr ab, als eigentlich nötig wäre. Das ist wie mit der Verwaltung in Krankenhäusern. Die machte mal 10% der Personals innerhalb eines Krankenhauses aus, dann hat sie sich mit sich selbst beschäftigt und immer mehr Raum und Platz eingenommen. Heute sind mehr Menschen in der Verwaltung tätig als am Patienten. Und so verhält es sich in vielen Systemen. Keiner hat diese reguliert, zur Raison angehalten. Diese haben so einen Aufwand in Form von Selbstbeschäftigung entwickelt, dass wir uns ständig zusätzlich damit beschäftigen müssen.
Die Menschen schaffen sich Verantwortungen auch da, wo es keiner bedarf. Und mit denen müssen sich dann alle anderen zusätzlich beschäftigen. Das ist der Tod für die Inspiration. Man muss sich das so vorstellen. Man lebt in einer Beziehung und die Inspiration sagt einem, dass jetzt körperliche Nähe sehr schön wäre. Aber so einfach ist das nicht. Da muss erst ein Antrag gestellt werden. Jetzt will der eine aber sofort. Das geht ja gar nicht, deshalb wird natürlich umgehend ein Arbeitskreis einberufen, der über den Sofortantrag entscheidet.
Jetzt muss die Zusammensetzung dieses Gremiums so sein, dass alle Interessengruppen gleichermaßen vertreten sind. Und eine Agenda muss her. Jetzt wird im Arbeitskreis darüber debattiert. Man stellt fest, dass es verschiedene Positionen gibt, die in jeweiligen Arbeitsgruppen erörtert werden müssen.
Aber auch hier kommt die eine oder andere Gruppe nicht an das gewünschte Ziel. Deshalb holt man sich externe Berater hinzu und Mediatoren. Die Ergebnisse werden zusammengetragen und eine Empfehlung wird ausgesprochen, wie man mit dem Sofortanantrag nach körperlicher Nähe in diesem einen besonderen Fall verfahren sollte.
Das wird in einem 234 Seiten umfassenden Bericht der eigentlichen Behörde übergeben. Diese folgt der Empfehlung und stimmt somit dem sofortigen körperlichen Näherkommen zu. Dieser Beschluss wird dem einen Partner zugestellt, was dem anderen natürlich noch die Option eröffnet, Einspruch einzulegen. Aber das ist nicht nötig, denn der andere schläft schon.
Freitag, 19. März 2010
Eine lückenlose Aufklärung
Wenn jemand mir zurief „Lass uns telefonieren!“ Dann dachte ich früher „Lass uns telefonieren!“ Aber dem war beinichten so. Denn „Lass uns telefonieren“ bedeutet eigentlich, ich habe keine große Lust, jetzt mit dir zu kommunizieren. Darum schiebe ich das auf, auf ein Telefongespräch in unbestimmter Zukunft, in der Hoffnung, dass auch das in Vergessenheit gerät.
Auch schön ist „Mensch, wir müssen uns echt mal wiedersehen“. Auch diese Formulierung bedeutet genau das Gegenteil. Wenn auch noch die Vokabel „spontan“ oder „bald“ mit in die Formulierung eingebaut wird, bedeutet auch das genau das Gegenteil. Nämlich, ich habe jetzt keine Zeit und keine Lust auf dich, deshalb heuchel ich jetzt Interesse vor, um mich so der Situation elegant entziehen zu können.
Als ich hinter die Möglichkeit der gegenteiligen Formulierung gekommen bin, habe ich mir auch eine einfallen lassen und schon oft genutzt. Wenn ich mal wieder von jemandem mit einem unausgegorenen Einfall genervt werde, die dieser auch noch als Idee tituliert, dann sage ich einfach "Interessante Idee, denke ich mal drüber nach, ich melde mich dann dazu“. Dieser Satz bedeutet natürlich auch das genaue Gegenteil. Nämlich, geh mir nicht mit so einem Blödsinn auf den Wecker und um dich jetzt nicht vor den Kopf zu stoßen und das Thema geschmeidig genau jetzt abzuwürgen, sage ich das.
Und siehe da, es funktioniert. Man muss nur behaupten, dann ist man das Problem los. In letzter Zeit ertönen diese Formulierungen wieder auffällig häufig in den Medien, da muss ja echt der eine oder andere Baum brennen.
Aber das werden wir lückenlos aufklären, darauf können Sie sich verlassen. Und ein paar Wochen später interessiert es kein Schwein mehr. Oder die Medien haben die Lust daran verloren. Oder das Thema hat sich einfach totgerannt.
Vor vielen Jahren hatte ich mal einen Chef, der sagte immer beim Kunden, wenn was voll in die Hose gegangen ist: „Das hat uns den nötigen Adrenalinstoß versetzt, da gehen wir mit aller Energie noch mal ran“. Ich dachte dann immer, was kommt jetzt. Und passiert ist nie was. Wir gingen zurück, klebten alles von links nach rechts oder von oben nach unten. Hier ein wenig und da ein wenig. Und?! Hat funktioniert, der Kunde war dann immer begeistert. Damals hat mich das unglaublich gewundert, heute verstehe ich das. Der Mensch ist Mensch, weil er vergisst. Nur, dass es so schnell geht, um das zu kapieren habe ich dann doch locker 40 Jahre gebraucht.
Mittwoch, 17. März 2010
Schon komisch diese Menschen
Der Mensch ist komisch. Das, was er macht. Das, was er denkt. Und das, was er gedenkt zu machen. Alle wollen im Prinzip dasselbe, auch wenn sie das verneinen. Im Prinzip sind die wirklichen Bedürfnisse, die es zeitlebens zu befriedigen gilt, dieselben.
Aber der Weg dorthin oder besser gesagt, der Weg, der immer weiter weg von diesen Bedürfnissen führt, ist unergründlich. Es sind so viele und so seltsame, dass man das Gefühl nicht los wird, dass uns die Natur zwar die Intelligenz gegeben hat, uns aber dafür die Orientierung genommen hat. Denn es gibt so viele Wege nach Rom, aber nur ganz wenige kommen an, obwohl überall klar und deutlich, und für die jeweiligen Menschen ersichtlich, „Rom“ dransteht.
Nehmen wir mal die Partnerschaft. Wenn es einen Weg gäbe, was machen die Menschen denn da? Also gibt es keinen Weg zur Partnerschaft. Es gibt Wege zum Sex, aber nicht zum eigentlichen Bedürfnis – der Liebe. Nehmen wir das Glück. Jeder will glücklich sein, eventuell mit Ausnahme von Pessimisten und Depressiven. Aber sonst will jeder Mensch glücklich sein. Das Mittel zum Glück soll das Geld sein. Viel Geld heißt viel Glück. Wenig Geld heißt wenig Glück. Wenn man dieser Theorie nur einen Funken an Wahrheit Gauben schenken wollte, warum sind dann Menschen mit und ohne Geld ebenso glücklich wie unglücklich. Und dann muss immer mehr Geld angehäuft werden, um das Glück zu finden, mit dem immer selben Ergebnis. Daran liegt es nicht. Menschen, die nicht komisch sind, brauchen sich kein Witzebuch zu kaufen. Das führt nur dazu, dass man nicht nur nicht komisch ist, sondern auch noch peinlich. Der Mensch unternimmt tagein tagaus sein Leben lang alles mögliche, um seine innersten Bedürfnisse zu befriedigen und sinniert fortlaufend darüber, dass es ihm so selten gelingt. Was er dann alles macht und unternimmt, damit die Befriedigung sich letztendlich doch einstellt, ist wirklich komisch. Sehr sogar.
Denn das wirklich Witzige ist, dass all das vom eigentlichen Weg wegführt und er bemerkt es nicht einmal. Sondern ganz im Gegenteil, er erhöht weiter und weiter die Dosis. Und bemerkt nicht, dass sein Leben droht, einem großen Placebo Effekt aufzusitzen. Dabei wäre der Weg aus der Misere sehr einfach. Aber wem erzähle ich das.
Freitag, 26. Februar 2010
89,8 Kilo. Nur noch 10,8 Kilo. Über große Ziele und kleine Schritte.
Anfang Januar berichtete ich darüber, dass meine dicke Zeit nun zu Ende gehen soll. Die Gründe dafür habe ich ausführlich und hinreichend beschrieben. Nun möchte ich einfach mal einen Zwischenstand los werden. Gestartet habe ich am 4. Januar mit 105,5 Kilo - bei 175 cm Körpergröße. Hinzu kommt mein Alter von 45 Jahren und der Stress, den man eben so hat, wenn man leben will wie ich.
Nun habe ich schon mal 15,7 Kilo abgenommen und noch 10,8 Kilo vor mir. Nicht weil ich muss, sondern vor allem, weil ich will. Wenn ich zurückblicke, lag damals ein unglaublich langer Weg voller Entbehrungen vor mir. Aus heutiger Sicht empfinde ich das ganz anders.
Irgendwie kommt es mir gar nicht so lange vor und die erwarteten Entbehrungen bleiben aus. Denn die Freude und das Glück über jedes Kilo, das meinen Körper verlässt, macht jeden Tag einfacher. Der viele Sport tut mir sehr gut. Und den Alkohol mal bei Seite zu schieben, tut mir auch sehr gut. Somit fühlt sich das alles viel mehr als Gewinn an, statt als Verlust. Man verliert nicht an Gewicht, sondern man gewinnt etwas anderes hinzu, das wesentlich schwerer wiegt. Im positiven Sinne.
Was mich manchmal quält, sind zwei Gedanken. Wie konnte ich es soweit kommen lassen und was gibt mir die Sicherheit, dass es nicht wieder soweit kommt? Oder sogar noch schlimmer? Aber dann verwerfe ich die Gedanken, weil diese mir im Jetzt nicht weiterhelfen und sich auch im Jetzt nicht beantworten lassen. Das braucht seine Zeit.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ich wieder an Gewicht stark zunehme, ist natürlich relevant. Aber ich bin zur Zeit in einer anderen Lebensphase. Einige Dinge wundern mich sehr. Ich hätte nicht gedacht, dass ich soviel Zeit hätte. Alles geht mir einfacher und schneller von der Hand. Somit bleibt plötzlich Zeit. Aber diese packe ich nicht voll. Ganz im Gegenteil. Ich versuche, den persönlichen Zeitgewinn weiter auszubauen. Denn Zeit für mich und die Menschen, die ich liebe, tut mit sehr gut. So gut, dass die Arbeit mir noch leichter fällt und noch schneller von der Hand geht.
Eine Entwicklung, die mich positiv überrascht und zudem auch beeindruckt. Natürlich verändert sich auch mein Selbstwertgefühl sowie mein Körpergefühl. Mein ganzes Leben erscheint leichter, je leichter ich werde. Somit denke ich, dass ich zu meinem Geburtstag am 21. März mein großes Ziel erst mal erreicht habe.
Aber hinter diesem Ziel erwartet mich jetzt schon gefühlt ein noch wesentlich schwereres Ziel, nämlich diese Konstitution zu bewahren und eher zu verbessern. Über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr. Bis dahin müsste sich der Körper an das neue Leben gewöhnt haben.
Es tun sich neue Perspektiven auf. Der Eitelkeit schmeichelt diese Entwicklung auch. Aber die größte Hoffnung setze ich in die Gesundheit. Denn ich mache das, um mit mir und einigen anderen noch viel sinnvolles, schönes und erstrebenswertes zu erleben. So lange es geht.
Montag, 1. Februar 2010
Minus 26,5 Kilo
Mist! Natürlich hat er Recht. Das ist ja das Schlimmste an fehlender Konsequenz, vor allem bei einem selbst. Warum kann man sich um alles und alle anderen besser kümmern, als um sich selbst? Das ist und bleibt mir unerklärlich. Die Macht der Gewohnheit? Sicher.
Aber ist das bei solchen negativen Veränderungen wirklich ein aufrecht zu haltendes Argument? Nein. Sicher nicht. Vor allem, wenn man an alles andere Ansprüche stellt, die man offensichtlich nicht an sich selbst stellt. Das macht einen nicht nur unglaubwürdig vor anderen, sondern auch vor einem selbst.
Somit habe ich am 4. Januar angefangen, wieder der Alte zu werden. Der Alte ist wesentlich jünger, wiegt nur 79 Kilo, ist fit wie ein Turnschuh und genießt gerne, aber in Maßen. Dann ist es auch noch als Genuss zu bezeichnen. Alles andere ist Konsum, bis hin zu Sucht. Aber sicher nicht Genuss.
Ich habe ja mal geraucht, so ca. 20 Jahre lang, und im Jahr 2000 habe ich an einem Montag einfach aufgehört. Die Lust und die Argumente waren weg. Da wachte ich auf und wollte meiner Gewohnheit nachgehen und diese erschien mir plötzlich als so absurd, dumm und kindisch, dass ich es einfach nicht mehr machte. Seitdem habe ich keine Zigarette mehr geraucht. Was nicht heißt, dass ich nie mehr rauchen könnte, würde, sollte oder dürfte. Nein. Aber solange mir die Argumente fehlen, warum sollte ich es aus mir heraus wieder tun.
So in etwa hoffe ich, könnte es sich mit meinem Wechselspiel aus Bewegung, Ernährung und Alkohol verhalten. Bis dahin ist noch ein weiter Weg, aber auch hier gilt: die Hoffnung stirbt zuletzt.
Jedenfalls habe ich seit dem 4. Januar keinen Alkohol mehr getrunken. Es wird im Laufe der Zeit Ausnahmen geben und es wird auch wieder die Zeit kommen, wo der Genuss in Maßen wieder ein Teil meines Lebens sein soll, aber bis dahin kann ich auch ohne. Zudem habe ich angefangen, täglich Sport zu betreiben. Jeden Tag zwischen 1 Stunde Ausdauertraining und 1 1/2 Stunden, wenn Krafttraining dazu kommt. Das mache ich seit dem 12 Januar.
Das Ergebnis bis heute ist minus 11,1 Kilo in 26 Tagen. Und die Parameter verändern sich in die richtige Richtung. Muskeln kommen hinzu, Fett wird abgebaut. Das entwickelt sich alles ganz gut. Sein Leben einfach von passiv auf aktiv umzustellen, gelingt einem nur, oder einfacher, wenn das Umfeld mitspielt. Denn es gehört mehr dazu, als man denkt. Das Essen, das Kochen, das Einkaufen, der Sport, der ganze Tag und auch die Nacht verändern sich schlagartig.
Plötzlich muss man jeden Morgen eine Sporttasche packen. Und vieles mehr. Bis heute kann ich nur sagen, ich fühle mich auf dem absolut richtigen Weg und hoffe, dass es so bleibt. Denn ich wünsche mir die Energie und die Konstellation des alten Hintze zurück. Ich kann es gut gebrauchen.
Und ich hoffe, dass sich damit auch der Umgang mit allem, was mich tangiert, oder auch nicht, damit energetisch verbessert. Positiver. Das mich nicht mehr so viel runter zieht, sondern im Gegenteil. Somit kann ich nach dem Monat 1 schon mal sagen: es sind nur noch 15,4 Kilo zu gehen. Dann hätte ich mein Traumgewicht von 79 Kilo zurück. Und auch sonst müssen sich alle meine physischen und psychischen Parameter so verändert haben, dass ich den einleitend beschriebenen Anruf sicher vergessen habe.
Oder es mir nur noch ein „Danke“ entlockt.
Mittwoch, 23. Dezember 2009
Frohes neues Jahr. Abpfiff. Das Alte ist endlich vorbei.
Das ich das mal sagen würde, hätte ich nie gedacht. Aber das Jahr 2009 ist abgehakt. Vergessen. Vorbei. Das ist gut so. Bei genauem Rückblick und hinschauen auch verständlich. Denn die Ähnlichkeiten mit der Vorrunde des VFB Stuttgarts oder gar Herta BSC sind unübersehbar. Somit wird dieses Jahr zu recht, rechtzeitig und endlich abgepfiffen. Nachspielzeit gibt es zum Glück auch keine. Somit fängt das Jahr 2010 für alle wieder mit einem 0:0 an. Das nährt die Hoffnung, dass es ein tolles Jahr werden kann, was man vom Alten nicht mehr erwarten darf. Obwohl ich von meiner Seite aus gestehen muss, ab der 95 Minute habe ich dann doch schon die Bayern München "Duselqualitäten" hingelegt. Die einen werden sagen – Dusel? So ein Quatsch, das ist das Glück des Tüchtigen. Und die anderen – Glück gehabt. Mir egal, Hauptsache noch gerade die Kurve bekommen und den Anschluss zu der Tabellenspitze nicht verloren, sondern gefunden.
Man muss so ein Spiel bzw. Jahr schnell aus dem Kopf bekommen und sich auf das Neue freuen, denn die Saison eines Lebens ist lang. Das können locker über 80 Spiele werden. Wer am Schluss vorne steht, der hat sich seine Lebensträume offensichtlich erfüllt. Das sind viele Begegnungen. Man hat nur ein Spiel in den Sand gesetzt, nicht die ganze Meisterschaft. Somit bleibt uns allen die Zuversicht, dass alles bis Juni zur Halbzeit 2010 ganz anders aussehen kann. An diese Zuversicht klammere ich mich jetzt mal. Wünsche allen kein frühes Gegentor. Dass Ausfälle aus gesundheitlichen Gründen ausbleiben. Macht Eure Chancen rein. Flach spielen und hoch gewinnen, so dass Ihr auf dem Platz des Lebens zeigen könnt, was in Euch steckt. Das spiegelt sich dann schon am Jahresende 2010 auf der Anzeigentafel des wirklichen Lebens im Ergebnis wider. Und wenn nicht? Egal, da kommen ja noch ein paar Spiele. Auch die fangen wieder alle bei 0:0 an.
Neues Jahr neues Glück. Geht raus und spielt.
Freitag, 18. Dezember 2009
Könnte das ganze Leben eine große Therapie zu sein?
Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, wenn ein Leiden sich stark verbreitet und vergrößert, dann ist das kein Zufall, sondern dafür gibt es offensichtlich schlechte Gründe.
Die Gründe sind oft gleich. Als es an allen Ecken und Ende an Hygiene fehlte, litten die Menschen an Infektionskrankheiten. Als die Menschen sich immer weniger bewegten, litten sie immer mehr unter Herz-Kreislauf-Krankheiten. Also geht immer ein Mangel vorweg. Immer hat das „weniger“ diese Massenkrankheiten ausgelöst. Mangel an Nahrung, Mangel an Vitaminen, Mangel an Insulin. Mangel an Mangel gab es somit nie.
Die Diskussion, die in der Öffentlichkeit aber geführt wird, beruht nicht auf der Mangel-Theorie, sondern auch einer „zuv iel, zu schnell Annahme". Es scheint, als ob Menschen lange Zeit zu viel von etwas bekommen zu haben, was diese in die Therapie treibt. Zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu viel von zu viel.
Somit soll der Weg aus der Therapie daraus bestehen, dass man sich über das zu viel klar wird und es in weniger umstellt. Ich glaube das nicht. Ich glaube an die Mangel-Theorie. Es scheint es in der Psyche vieler Menschen einen Mangel zu geben. Und dieser Mangel hat seine guten bzw. schlechten Gründe.
Die biochemischen Gründe liegen darin, dass eine Noradrenalin- bzw. Serotonin-Regulationsstörung am Rezeptor vorliegt. Ein Mangel an diesen so genanten Transmitter scheint die Ursache. Somit hat man nun zwei Möglichkeiten, entweder diesen Transmitter-Haushalt wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen, in dem man diese von außen hinzu führt – diese Art scheint mir eine Kompensation, statt einer wirklichen Lösung. Oder, was mir sinnvoller erscheinen würde, man behebt die Ursache.
Und da kommt zum Beispiel die Therapie ins Spiel. Es scheint offensichtlich, dass die Ursachen Umwelteinflüsse sind oder angeboren sind. Allerdings: Wenn die Zahlen so sprunghaft ansteigen, scheint der Aspekt Umwelt der zentrale zu sein. Nun können wir nicht die ganze Umwelt und unsere Sozialisierung verändern, doch wir können die Ursachen erforschen. Was passiert, dass daraus ein Mangel entsteht, der Menschen in Massen in die Therapien treibt. Seltsam ist, dass Millionen in Therapie sind, aber es noch keine funktionierenden Selbstanalysen gibt, die einem die Richtung vorgeben könnten.
Es muss doch möglich sein, dass man selbst dahinter kommt. Die Fälle werden sich doch sicherlich zu 80% gleichen. Wir leben doch alle in derselben Umwelt und die jeweiligen Sozialisierungen sind sicher unterschiedlich, aber die Einflussfaktoren sind auch hier sicherlich zu 80% dieselben.
Die Selbst-Reflexion scheint ein wichtiger Aspekt zu sein. Und zwar nicht ab dem Zeitpunkt, wenn es einen erwischt hat, sondern so früh wie möglich, so lange wie möglich, so intensiv und so genau wie möglich. Wir lassen das ganze Leben an uns vorüber ziehen und wundern uns, wenn es passiert.
Allen Mangelerscheinungen kann man nämlich erfolgreich entgegen wirken. Vor allem mit Bewegung. Und wenn die Krankheit bei den Menschen im Kopf angekommen ist, scheint es auch hier an der notwenigen Bewegung zu fehlen. Aber wie bewegt man den Kopf? Genau das müssen wir lernen. Wir müssen unsere Psyche verstehen lernen und ihr die Bewegung zuteil werden lassen, der es Bedarf um die Symptome in den Griff zu bekommen – und um den Mangel abzuschaffen.
Samstag, 5. Dezember 2009
Samstagsgedanken: Nikolaus
“Was’n das?“ nölt die heutige Jugend, die nicht mehr weiß, was Mandeln und Nüsse sind. „Keine Playstation, Aldär? Was’n das für’n Scheiss?“
Eigentlich schade, dass wir für morgen keinen Knecht Ruprecht bestellt haben. Obwohl, ich kann mir nicht vorstellen, das der Krampus heute noch viel Angst und Schrecken verbreiten würde. Vermutlich wäre das eher anders herum, wollte der verweichlichte Soziologiestudent, der mit der Ruprecht Rolle sein Taschengeld aufbessert, den heutigen Lausbuben quer kommen. Da bräuchte es dann schon mehr als einen Rentierschlitten, um schnell Land zu gewinnen.
So ist das mit den Bräuchen. Die, die sich nicht aufpimpen lassen, geraten allzu schnell in Vergessenheit und verlieren ihren eigentlichen Sinn. Oder weiß heute noch einer unter 20, dass Halloween mal Erntedankfest hieß, dass der 3. Oktober gefeiert wird, weil es weiter östlich mal so eine Mauer gab, oder dass man einen Beruf ergreifen kann, ohne von Dieter Bohlen oder Bruce Darnell gecastet worden zu sein. An solch old fashioned Brauchtum hat niemand mehr Interesse. Lässt sich doch mit ein paar blöden Mandeln und Nüssen keine Kohle machen. Da müssen schon noch ein paar iPhones, Smartbooks und Nintendo wii in den Stiefel.
Während sich unsere Jugend heute Abend wieder ins Koma säuft und mancher Daddy und Opa aus Solidarität mitmacht, suggeriert uns die Industrie, nein, sie knallt es uns an den Kopf: „An Nikolaus nach Hawaii! Gönnen Sie ihren Liebsten ein paar Tage Sonne!“ Und dazu gibt es ein paar Schnappschüsse einer drallen Blondine im roten Bademantel, der entfernt an den guten, alten Nikolaus erinnert.
Früher hat es oft geschneit am 6. Dezember. Wir machten einen langen Waldspaziergang im Schnee und tranken danach selbst gemachten Glühwein, bevor es ans Plätzchenbacken ging. Doch heute macht die Klimaerwärmung, die natürlich nichts mit den Menschen zu tun hat, Schnee in den Alpen und gar im Voralpenland zu einem winterlichen Weihnachtsmärchen aus alter Zeit.
Zwar ficht das unsere wackere Politik nicht an, sich um die Olympischen Winterspiele 2020 in Garmisch zu bewerben. Nur Schnee in Garmisch? „Es war einmal“ wird 2020 zum Thema Schnee verlautbart, nicht ohne mit mehreren tausend Schneekanonen den letzten Naturschutzfleckchen den allerletzten Tropfen Wasser abzudrehen. Aber mir ist das alles sowieso egal, weil ich am 6. Dezember 2020 mit einer roten Nikolausmütze in Waikiki Beach sitze und mir von einer drallen Blondine im roten Bademantel einen kühlen Pina Colada kredenzen lasse. Aber das ist dann wieder ein anderes Weihnachtsmärchen.
PS: Diesen Text schrieb ich hier in der Urfassung vor genau zwei Jahren. Aber, hey was soll’s? „Last Christmas“ wird ja auch wieder jedes Jahr gespielt.
Sonntag, 22. November 2009
Erfolgsaussichten
Was mir auf den vielen Reisen durch den Kopf schoss, vor allem bei den vielen Richtungsänderungen, Wendepunkten und Neuanfängen, ist, dass ich von allen Reisen zum Erfolg immer irgendetwas mitgebracht habe. Und wenn es nur eine Erkenntnis war oder etwas anderes. Ich habe zwar den Erfolg bis heute nicht gefunden, aber ich habe eine große Sammlung von den vielen Reisen.
Und wenn ich auf diese Sammlung schaue, dann kommt mir in den Sinn, dass genau diese Sammlung das sein kann, was man eventuell unter Erfolg versteht. Es sind die vielen Dinge, die man behält, die man nutzt, an die man sich erinnert. Der Erfahrungsschatz und die vielen lieb gewonnenen Dinge. Noch schöner ist, dass man auf dem Weg des Erfolgs auch Menschen kennengelernt hat, die einen schon so lange begleiten und wie es aussieht, auch weiter begleiten werden.
Somit könnte Erfolg auch das sein, was man gesammelt hat und auf das man großer Zufriedenheit und einem ebenso großen Glücksgefühl blickt. Erfolg ist nicht das mehr, sondern das, was man geschafft hat und was bleibt. Verbunden mit der Freude, auch in Zukunft einige schöne Dinge und Aspekte seiner Sammlung hinzufügen zu können.
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Zeitzeichen
Ich weiß nicht mehr wann, aber irgendwann bekam ich meine erste Armbanduhr. Ich denke, es war eine Timex oder eine Seiko. Sie hatte im Dunkeln leuchtende Streifen, daran kann ich mich noch erinnern. Jedenfalls ist der Blick auf die Uhr ein Bewegungsablauf, der sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Wie oft und wie lange hat man auf Uhren geschaut, um die Zeit zu erfahren. Manchmal mit triftigem Grund, meistens völlig grundlos.
Überall sind Uhren. Überall steht die Zeit. Ständig begleitet uns unsere Zeitrechnung. Ständig leben wir in dem Gefühl, die genaue Zeit zu kennen. Zudem werden wir ständig nach der Zeit gefragt. Deshalb fragen auch wir ständig nach der Zeit. Wie spät ist es? Wie viel Uhr ist es? Wie lange noch? Es gibt Zeiten, da kommt man an - Ankunftszeiten. Und dann gibt es Zeiten, da reist man ab - Abfahrtszeiten. Dann gibt es Zeiten, da verweilt man für eine bestimmte Zeit an einem Ort - Ortszeiten. Ständig sprechen wir über die Zeit, wie lange diese war oder wie kurz. Wann genau diese war. Wir teilen vieles in Zeit ein - Zeiteinheiten. Man ist 11 Jahre verheiratet. Die Kinder sind x Jahre alt. Man hat 6 Monate keinen Führerschein. Man wartet schon 30 Minuten. Man ist 15 Minuten hinter der Zeit. Der Wecker klingelt zu einer bestimmten Zeit.
Und von Zeit zu Zeit müssen wir uns über die Zeit vergewissern, obwohl es immer dieselbe Zeit ist, denn es ist immer genau jetzt. Ein Film dauert 120 Minuten. Ein Fußballspiel 90 Minuten plus Nachspielzeit. Ein Ei kochen dauert 5 bis 8 Minuten. Das Leben besteht aus Zeiten. Das ganze Leben. Dann gibt es noch die Arbeitszeit und die Freizeit, aber eigentlich ist auch das alles dasselbe, nämlich Lebenszeit.
Männer neigen dazu, sich so teure Zeiteisen, wie es nur geht, um das Handgelenk zu legen, weil der Schmuck, den sie tragen können, ohne dass es ganz peinlich wird, sich eigentlich auf Armbanduhren beschränkt. Teure Zeitzeichen sind ein Zeichen von Wohlstand, Status, Individualität und Geltungsdrang. Es gibt Armbanduhren für 4,99 EUR und für 55.000 EUR. Aber alle können im Prinzip nur dasselbe - die Zeit zeigen. Auch ich bin von diesem Männertrend nicht ganz verschont geblieben. Auch ich hatte eine Zeit, in der ich zeigen wollte, wie gut ich bin. Aber das ging vorbei. Nicht, weil mich teure und schöne Uhren nicht mehr interessieren, aber ich habe meine Eine gefunden und dafür alle anderen liegengelassen oder ihnen keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Ich bin in Sachen Armbanduhren nicht nur monogam, sondern auch fest dazu entschlossen, sollte diese Uhr mal nicht an meinem Armgelenk sein, aus welchen Gründen auch immer, dass diesen Platz nie wieder eine andere einnehmen wird.
Das ist sie, das war sie und somit ist für mich das Kapitel beendet. Denn es erscheint mir ohnehin als ein größeres Privileg, zeitlos zu sein und durchs Leben zu gehen. Gerade Menschen ohne Uhr und ohne Handy bewundere ich auf seltsame und unübersehbare Art und Weise. Weniger scheint auch hier letztendlich spürbar mehr zu sein.
Meine innere Uhr beeindruckt mich ohnehin. Oft wundere ich mich über mein exaktes Zeitgefühl. So wache ich grundsätzlich genau 1 Minute, bevor der Wecker klingelt von selbst auf, um diesen auszuschalten. Mein Zeitgefühl verlässt mich selten. Und falls doch, sind die Gründe dafür nachvollziehbar. Das mit den Stunden, Minuten und Sekunden kann ganz schön anstrengend werden. Deswegen erscheint es auf meinem langen Lebensweg zur Gelassenheit auch nur logisch, dass der Zeitpunkt kommt, da ich nur noch von einer Zeit rede und auch nur noch in einer lebe - im Jetzt.
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