Dienstag, 28. Juli 2009
7:0, 3:0, 1:0 und Finale 2:0
Mein Sohn hat sein erstes Fußballturnier gespielt. Den Zahlen nach überaus erfolgreich. Aber darum geht es mir eigentlich nicht, sondern was man dabei erlebt, mitmacht und durchmacht. Der Leistungsdruck schon auf den Kleinsten ist nicht ohne. Unglaublich, wie Trainer auf 6jährige einbrüllen und hysterische Mütter kreischend ihre Zöglinge versuchen nach vorne zu peitschen.
Das Habitus der Menschen, die ein Fußballspiel der G-Jugend begleiten, ist wie bei einem Weltmeisterschaftsspiel. Richtig Freunde macht man sich mit dem Satz: Ist doch nur ein Spiel. Jedenfalls wurde ich bei einem Spiel gebeten, nicht hinter dem gegnerischen Tor zu stehen und Fotos zu machen. Es würde den Torwart verunsichern. Nun gut, dachte ich mir. Ob Oli Kahn auch so dünnhäutig gewesen sei, ging mir durch den Kopf. Und als mein Sohn ihm einen einschänkte, fing der kleine Torwart auch gleich an, Rotz und Wasser zu heulen. Das machte mich nachdenklich. Hat das noch was mit dem Spiel zu tun? Oder zerbricht dieser kleine Mensch unter dem Erwartungsdruck - der Großen? Also, meinen Sohn hat das auch tief beeindruckt, so dass ihm das Tore schießen in diesem Spiel nicht so viel Spaß machte. Aber einem seiner Mitspieler um so mehr. Egal.
Was mir brutal ins Auge fiel, war die schlechte Ernährung während eines Kinder-Fußballturniers. Anstatt Bewegung mit gesunder Ernährung zu verbinden, wurde diese Chance mal wieder kläglich vergeben. Ich kann das Nahrungsmittelangebot an dieser Stelle nicht beschreiben, ohne dass die Leser eventuell einen Herpes bekommen, deshalb lassen wir das. Aber es zeigt, dass es hier nur um Gewinner und Verlierer auf dem Platz und im Leben zu gehen scheint.
Ich habe vorsorglich dem Bewegungsport dienliche Nahrungsmittel und Getränke eingepackt. Das nur am Rande bemerkt. Die Schiedsrichter haben einen schweren Stand, denn sie waren einige der Wenigen, die das Spiel mit dem Spaß verbinden wollten. Somit schauten sie wirklich darauf, dass der Spaß im Vordergrund stand. Was einige Eltern natürlich ganz anders sahen. Sie forderten ständig Strafstöße, Freistöße, reklamierten Abseits [Anmerkung: Erst ab der D-Jugend wird mit Abseits gespielt], auch Rückpässe zum Torwart wurden lautstark reklamiert.
Aber den Schiedsrichtern wich das Lächeln nicht aus dem Gesicht und sie bauten immer eine sehr sympathische Nähe zu den Kindern auf. Wir spielen Fussball, vermittelten sie allen. Nun gut. Wir kommen aus einem ganz kleinen Dorf, deshalb war die Hoffnung nicht groß, hier was zu reißen. Daher konnten wir die ganze Sache auch sehr locker angehen. Was natürlich dazu führte, dass die Jungs viel Spaß hatten, lockere Beine und mit der Gewissheit auf den Platz gingen, 'mal sehen wie es läuft'.
Die Einstellung, das Spiel im Vordergrund zu sehen, macht das möglich, was ich meinen Kunden jeden Tag versuche zu erklären und beizubringen. Sie eilten von einem souveränen Sieg zum anderen. Jedes Spiel war ein isoliertes Ereignis für sich. Somit ging man in jedes Spiel, als ob es das Erste und Letzte wäre. Zudem war die Erwartungshaltung nicht an das Ergebnis unmittelbar gebunden, sondern an das emotionale Erlebnis. Was in der Regel auch zu außerordentlichen Ergebnissen führt.
Alles in allem hat mir dieses kleine Fußballturnier mal wieder vor Augen geführt, was das Problem der Großen ist. Was die Kleinen noch nicht haben, bis die Großen es ihnen eintrichtern.
Montag, 4. August 2008
Da steht ein Ginkgo im Wald
Mitten im Wald meines Gartens steht ein Baum. Um ihn herum stehen viele Bäume, die in seiner unmittelbaren Gegenwart keiner weiteren Beschreibung bedürfen. Nur für ihn wurde ein direkter Weg angelegt. Der wie gesagt, auf direktem Weg zu ihm führt.
Zu ihm - dem Ginkgo. Der Baum fällt einem zuerst auf, weil seine Blätter eine ungewöhnliche uns fremde Form haben. Sie sehen aus wie die Schwanzflosse eines Walfischs. Der Baum steht seiner Größe nach schon eine Weile hier. So ca. 50 Jahre. Er ist für einen Ginkgo ziemlich groß.
Damit er weiter wachsen kann, habe ich ihm Raum geschaffen. Rundherum mussten Äste und andere Bäume weichen. Nun kann er atmen und seine Äste in alle Himmelsrichtungen ausstrecken. Der Ginkgo ist ein mystischer und magischer Baum. Er soll heilende Kräfte besitzen und er ist im Ursprung ein sehr, sehr alter Baum.
Er hat irgendwann, vor über 50 Jahren, eventuell mit dem Schiff den wochenlangen Weg von Japan an diesen Ort gefunden. Die Geschichte, die ihn umgibt, lässt ihn für den Betrachter gleich in einem anderen Licht erscheinen. Obwohl keiner so recht weiß, was es mit dem Ginkgo so auf sich hat, ringt er allen Betrachtern eine gewisse Bewunderung ab. Man kann sagen, wenn der Goldfisch im Teich der tierische Höhepunkt des Gartens ist, dann ist zweifelsfrei der Ginkgo der botanische Höhepunkt des Gartens.
Zudem steht er auch ziemlich genau in der Mitte. Sicher nicht ohne Grund.
Anmerkungen:
1.
Zum Jahrtausendwechsel erklärte das „Kuratorium Baum des Jahres“ Ginkgo biloba zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden und zum Baum des Jahrtausends.
2.
Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut,
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?
Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?
Der Brief mit dem Gedicht, dem Goethe zwei Ginkgo-Blätter beilegte, ist heute im Goethe-Museum Düsseldorf zu sehen.
3.
Das Ginkgoblatt stellt aufgrund seiner Form ein Sinnbild der Freundschaft dar.
Dienstag, 25. März 2008
Pseudologica fantastica – Wenn die Grenzen zwischen Lügen und Wahrheit verschwimmen
Relativ früh wurde mir bewusst, dass die Lüge ein Schwert ist. Dessen Klinge teilt zwischen Wahrheit und Lüge. Und solange man das, was auf welcher Seite der Klinge ist, noch nicht kennt, ist die Welt eventuell voller Lügen, aber man weiß das noch nicht.
Die Lüge sollte man wie eine Kunst beherrschen. Wie die Kunst, ein Schwert zu führen. Gewonnen hat man immer dann, wenn man ohne es zu zücken auskommt. Aber manchmal muss man die Klinge eben ziehen, einsetzen und führen können.
Aber sie an seiner Seite zu wissen und sie da zu belassen, ist die wohl größte Kunst. Doch es gibt Menschen unter uns, und das sind nicht wenige, die das nicht können. Für die verschwimmen die Welten der Lügen mit denen der Wahrheiten. Und zwar so, dass Lügen zu Wahrheiten werden und auch Wahrheiten zu Lügen. Dieses Phänomen nennt man in der Psychologie „Pseudologica fantastica“.
Wer auf solche Menschen trifft der wird sich wundern, mit welcher Dreistigkeit sie jedem einen Bären aufbinden wollen. Und zwar so offensichtlich, dass man es als Gegenüber nicht mal für nötig empfindet, die Lüge als solche zu entlarven. Man winkt nur gleich ab.
Das macht den Spielraum für diese Menschen noch größer. In der Überzeugung, dass Lügen als solche nicht erkannt werden, legen sie Schippe um Schippe drauf. Dabei bemerken sie dann nicht mehr, was eigentlich was war. Somit beginnt unweigerlich das Lügen, ohne dass es so empfunden wird.
Fast jeder hat, oder kennt jemanden in seinem Bekanntenkreis, der so drauf ist. Alle reden darüber, nur niemand mit der Person selbst. Aus gutem Grund: Was einem da entgegen kommt, wenn man sich dem Thema nur nähert, ist nicht von schlechten Eltern. Deshalb „Vorsicht“! Hier sollten sich nur Profis einmischen. Keine Laien. Denn derjenige lebt in völliger Überzeugung, dass niemand sein Spiel durchschaut. Deckt jemand die Karten auf, stürzt das Kartenhaus gänzlich ein.
Darüber sollte man vorher nachdenken. Denn im Prinzip sind diese Mensche nicht gefährlich. Die Lügen dienen meist zur Verdrängung von Erlebtem. Oder zur Aufwertung der eigenen Persönlichkeit. Minderwertigkeitskomplexe werden so notdürftig kompensiert. Somit ist diese Art von Lügen mehr ein Hilferuf nach Anerkennung. Dem kann man entgegen wirken, muss man aber nicht.
Es ist nur lästig, wenn man dieselbe Lüge zum 20zigsten mal hört. Und man bemerkt, dass die entsprechende Person nicht mal bemerkt, dass man es selbst längst bemerkt hat. Das ist so, wie wenn man einen so genannten guten Freund trifft, der sich nach fünf Jahren nicht mehr an die Namen meiner Kinder erinnert. Oder nach zwei Jahren immer noch nicht realisiert hat, dass man umgezogen ist. Es gibt einem das Gefühl, dass der Andere keinerlei Interesse an einem hat. Aber entweder erträgt man das, oder man lässt es.
Samstag, 2. Februar 2008
Raus
Da sitzen sie alle. Und ihnen fällt nichts ein. Kein Wunder. Wer kann schon, wenn er unbedingt muss. Standard abspulen, ja. Aber wirklich Neues? Nein! Der beste Schritt zu guten Ideen ist der Schritt – Raus. Raus aus dem gewohnten Umfeld. Raus aus den Denkschemen.
Berühmte Autoren haben das Buch im Kopf bereits fertig gedacht, bevor sie sich an den Schreibtisch setzen. Drehbuchautoren geht es nicht anders. Man muss die Szene erst vor seinem eigenen Auge sehen und diese dann nur noch herunter schreiben. Komponisten haben die Melodie schon im Kopf und müssen diese nur noch zu Papier bringen.
Aber in der Wirtschaft sollen die Uhren anders laufen? Falsch. Da sitzen Menschen an Schreibtischen und denen soll was ganz Anderes und Neues einfallen? Was natürlich nicht geht. Die Wirtschaftswelt berücksichtigt den wichtigsten Schlüssel zur Idee nicht. Darum muss sie die Ideen auch meist von Außen einkaufen oder kopieren.
Kein Wunder. Bei mir ist das nicht anders. Ich habe mir das System längst zu Eigen gemacht. Nicht offiziell, aber inoffiziell wissen das alle, die es wissen müssen. Würde man das offiziell machen, würde man nur auf Unverständnis treffen. Oder sogar auf Neid. Was macht der denn da?
Da meinen Mitarbeitern aber egal ist, wie ich auf die Idee komme und meinem Kunden ebenso, habe ich mir dieses beste aller Ideen-Prinzipien zu eigen gemacht. Nur über einen Exkurs, einen Ausflug, stößt man unvermittelt genau zu der Idee, die man gesucht hat. Auf die man gehofft hat. Ideen entstehen also zum einen an ungewöhnlichen Orten. Oder zu ungewöhnlichen Zeiten. Oder, wenn man es schafft, an Ungewöhnliches zu denken.
Erst das Übersprungverhalten verschafft einem den Sprung zur Idee. Jeder hat da seinen eigenen, ungewöhnlichen Raum oder eine ungewöhnliche Zeit, in der er besser ans Ziel gelangt.
Deshalb: Wer schneller ans Ziel will – einfach raus. Man kann es kaum glauben, was einem beim Holzhacken, Rasenmähen, Fahrradfahren, Joggen, Kochen, Kickern, Spazierengehen so einfällt. Der einfachste, schnellste und beste Weg zur Idee ist eben doch der Paradigmenwechsel. Für ihn ist im normalen Alltag nur kein Platz. Ihn hat man einfach vergessen. Mit ihm als wirkungsvollstes Mittel, hat man schlicht weg vergessen zu rechnen. Pech! Und fatal zugleich.
Mittwoch, 23. Januar 2008
Gedankenpower
Derzeit kocht mal wieder der Mentalpudding über Deutschland, der alle paar Jahre mit neu formulierten Thesen auf der Hoffnungswelle reitet. Nach dem Bauernregel - Motto „Jeder ist seines Glückes Schmied“, heißt es heuer „das Leben sei ein Versandhaus. Was wir wirklich wünschen, wird uns mit Garantieschein zugestellt.“
So einfach geht das? Ja, so einfach, sagen die Autoren - und doch so unendlich schwer, werfe ich mal ein. Wie wir alle aus unserem eigenen Erleben wissen, ist es sehr einfach zu sagen, was man nicht mag. Ungleich schwerer ist zu sagen, das mag ich. Und noch schwerer ist zu sagen, das mag ich wirklich. Von „das will ich“ oder „das liebe ich“, möchte ich an dieser Stelle lieber nicht weiter abschweifen. Zum Thema „Ich mag mich“ an anderer Stelle.
Woran das liegt? Vermutlich, weil es viel mehr Dinge und Situationen gibt, die wir als unerfreulich kennen gelernt haben, aber nur ganz wenige Erlebnisse, an denen wir so etwas wie ein Glücksgefühl erfahren durften. Dazu kommt, dass dieses Glücksgefühl oft sehr unbestimmt, fast schemenhaft zurückbleibt, so dass man es gar nicht genau definieren kann. Eine vage, warme Erinnerung.
Das Universum braucht allerdings für die Zustellung auch eine Artikelnummer. Sprich, wir müssen unseren Wunsch auch ganz genau definieren. „Reich sein!“ allein funktioniert nicht, weil ich ja auch reich an Erfahrungen, Wissen oder Einsicht sein kann. Oder es funktioniert anders, als vorgestellt, weil nicht exakt formuliert. „Reich werden“ durch die Lebensversicherung der geliebten Frau, die einen Unfall erleidet, war nicht die gewünschte Option.
Wer sich einen Maserati wünscht, sollte sich auch Baujahr, Farbe und Innenausstattung dazu wünschen. Und dann sein ganzes Sehnen darauf richten. Schon wird geliefert. Mit Zündschlüssel und Zweitwagen, wenn die Traumschleuder mal wieder in der Werkstatt steht. Das ist aber nicht wirklich überraschend. Denn heißes Sehnen heißt ja auch Konzentration auf ein Ziel. Damit schafft jeder seine kleinen, materiellen Vorhaben. Selbst wenn es nicht mehr für eine volle Tankladung reicht, aber das Auto ist mein. Kennen wir alle zur Genüge.
Die nächste Schwierigkeit mit dem Wünschen liegt in der Formulierung. Das Unterbewusstsein und damit das Trägermedium für das Universum scheint einfach gestrickt. Es braucht jedenfalls klare Ansagen. Negativ formulierte Wünsche führen zu negativen Ergebnissen. „Ich will nicht mehr als Angestellter arbeiten“, führt sicher zur Kündigung. Folgt dann die erfolgreiche Firmengründung, war alles bestens. Wenn nicht, Hartz IV.
Aber leider sind wir darauf konditioniert, in negativ formulierten Sätzen zu denken. „Schlag nicht mit den Türen“ oder „Gehe bei diesem Wetter nicht ohne Schal außer Haus“, dürfte allen von uns noch in Erinnerung sein. „Mach die Tür leise zu“ oder „Zieh’ dir im Winter auch einen Schal an“, klingen schon beinahe fremd.
Dieses Grundmuster finden wir dann auch als Erwachsene wieder. „Ich habe heute keine Lust zum Arbeiten!“, kennen viele. „“An diesem wunderbaren Morgen schreibe ich ab 08:15 Uhr weitere 50 Seiten meines neuen Bestsellers“, eher weniger. Zum Trost: Bei der Bohlen’schen Castingschau konnte statistisch belegt werden, dass von den letzten 30.000 selbst ernannten neuen Superstars weit über 99% absolut talentfrei sind. Positiv formuliert, das Zeug zum Star bzw. die nötige Ausstrahlung fürs Universum haben in Deutschland statistisch gesehen etwa 650.000 Menschen. Von 82 Millionen. Für den Rest heißt es Bücher zu lesen und zu üben, oder - noch besser, Bücher zu schreiben.
Ich halte es an dieser Stelle mit dem Vorschlag von Richard Bach in „Brücke über die Zeit“:
Soll etwas in dein Leben treten,
so stelle dir vor, es sei bereits da.
Donnerstag, 4. Oktober 2007
Umwelt
Umwelt, nein! Mitwelt.
Nicht um, sondern mit sind wir. Das fällt mir doch mitunter ein, wenn ich sehe, wie achtlos Manche mit ihrer Mitwelt umgehen, weil sie ihre Umwelt nicht als ein mit begreifen. Was du nicht wünscht, dass mit dir geschieht, um das kümmern wir uns nicht. Also setzt das Um eine klare Abgrenzung zum ich, das ein Mit nicht zulassen würde. Fangen wir also an, die Dinge wieder richtig zu bezeichnen:
Ich mache keine Umfrage; sondern mache bei einer Frage mit, einer Mitfrage.
Ich fahre keine Umleitung, sondern die Strasse leitet uns mit sich.
Die Umwandlung bringt nichts, wohl aber die Wandlung, die mit mir geschieht.
Auch die Umschau bleibt mir fern, nicht aber die Mitschau.
Für meine gesunde Mitwelt begebe ich mich auch auf einen kleinen Mitweg.
Die Umlage ist fürs Finanzamt, mich interessiert meine Mitlage.
So halte ich es auch mit meinem Mitsatz, der bleibt mir.
Und auch die Umkleide ist mir zu passiv, wenn ich mich probehalber in dieser engen Mitkleide in einen neuen Anzug zwänge. Scheinbar ist mein Mitfang schon wieder etwas mitfänglicher geworden.
In meiner Mitgebung dulde ich auch keine Mitfaller, einfach weil das kein guter Mitgang für mich ist.
Obwohl das gesamte Mitfeld der Politik z.B. von eben diesen Mitsturzgedanken beliebter Parteifreunde lebt.
Nachdem ich endlich meine Gedanken zur Mitwelt in den Mitlauf gebracht habe, lade ich mich jetzt auf einen letzten Absacker ein, quasi einen Mittrunk. Prost!
Freitag, 21. September 2007
Empfangsstörung
Ein Paradigma wird gemeinhin mit Beispiel oder Muster übersetzt. Für mich schwingt auch immer der Begriff „Rolle“ oder „Rollenverhalten“ mit. Ein schönes Beispiel für verändertes Rollenverhalten lieferten mir in den vergangenen Wochen die Münchner S- und U-Bahnen.
Als ich vor Sommerferienbeginn mit der S 1 heimfuhr, fiel mir in dem herrschenden Lärm auf, dass von den guten zwei Dutzend überwiegend jugendlicher Fahrgäste alle ohne Ausnahme entweder Kopfhörer im oder Handy am Ohr hatten. Ein akustischer, gleichwohl unsichtbarer Kokon umschloss quasi jeden Heranwachsenden.
Wie war das denn damals bei uns, fragte ich mich? Es gab noch keine Handys oder MP3-Player. Ein Computer hatte noch die Ausmaße eines Kühlschranks und wurde von grauen Männern in weißen Kitteln bedient. Fernsehen hatten nur einige wohlhabende Familien in der Straße mit der aufregenden Auswahl zweier Programme. Ein Zeitvertreib für erwachsene Stubenhocker war das.
Nein, wir Kinder und Jugendliche haben uns während der Busfahrt direkt mit unseren Freunden unterhalten, getobt würde man heute sagen. Wir nahmen Songs aus der Hitparade aus dem Radio übers Mikrofon aufs Tonband auf und hofften, dass der Moderator nicht zu früh reinquatschte oder die Mutter ins Zimmer kam. Wir radelten zum Schwimmen an den See, spielten Fußball auf dem angrenzenden Bolzplatz und feierten Partys mit Flaschendrehen im ausgebauten Keller. Kurzum: Wir brauchten weder Strom noch Geld. - Eine grauenhafte Zielgruppe für die werbetreibende Wirtschaft.
Als ich in den Sommerferien ein paar Wochen später wieder mit der S 1 nach Hause fuhr, bot sich mir ein gänzlich anderes Bild und die Akustik eines Münchner Museums am Mittwochvormittag. Etwa 20 Fahrgäste saßen mit mir im Abteil. Alle jenseits der 25 und bis auf zwei Damen, die sich unterhielten, lasen alle. Die meisten in einem Buch, einige in einer Tageszeitung.
Während wir, also das gute Mittelalter, offensichtlich überwiegend optisch geprägt sind, scheint die nachwachsende Generation zum Großteil akustisch orientiert. Das hat natürlich deutliche Auswirkungen auf die Informationsaufnahme und -verarbeitung.
Was mir zu denken gab, ist die offensichtliche akustische Abschottung von der Umwelt, die ich lieber als Mitwelt bezeichnen würde. So verkabelt, lebt jeder nachweislich in seiner eigenen Welt, ohne die Umgebung explizit wahrzunehmen. Der Egoismus verankert sich bei einer so aufwachsenden Jugend gleichsam automatisch System immanent. Wie sollte auch jemand, der sich gerade über Kopfhörer eine volle Dröhnung von Linkin’ Park gibt, die noch fünf Meter weiter als unangenehmes Geräusch, das an eine Müllpresse erinnert, wahr genommen werden kann, aufmerksam werden, seinen Sitzplatz vielleicht der alten Dame anbieten, die gerade mühsam humpelnd an ihm vorbei ächzt?
Umfassende Untersuchungen bei Autofahrern haben vor dem Handyverbot im Auto nämlich ergeben, dass Autofahrer während sie mit dem Handy telefonieren, die gleichen Symptome zeigen wie unter einem Alkoholeinfluss von etwa 1,2 Promille. Das menschliche Gehirn ist einfach noch nicht in der Lage, während es auf dem akustischen Kanal gefordert wird, gleichzeitig den optischen Kanal störungsfrei zu bedienen.
In der Psychologie spricht man hier von „selektiver Wahrnehmung“. Es gilt also normaler- und ausnahmsweise „ent- oder weder“, nicht „sowohl-als auch“. Das ist zwar schade, aber nicht zu ändern.
Wenn Sie also das nächste Mal in der U-Bahn einen „simsenden“ Jugendlichen ansprechen, ob er seine Boots freundlicherweise von ihrem Sitz nehmen könne und der sie lediglich etwas belämmert anstarrt, ist der nicht zugedröhnt. Er empfängt und sendet gerade nur auf einem anderen Kanal.
Montag, 3. September 2007
Nikotin
Das ist zunächst einmal so wie es ist.
Was mir auffällt, ist etwas anderes. Etwas wie ich finde sehr bemerkenswertes. Der Bewusstseinswandel nämlich. Von Tucholsky stammt folgendes Bon mont, wenn ich mich richtig erinnere: „Dummheit frisst. Intelligenz säuft.“
Heute möchte ich noch anfügen: „Prekariat raucht.“
War das Rauchen vor nur 100 Jahren noch das Statussymbol der Oberschicht und bis vor 20- 30 Jahren noch der unverzichtbare Ausdruck von Rebellentum, man denke nur an die ungezählten Kinofilme, in denen der Held nur heldig war, wenn er eine Zigarette im Mundwinkel trug, so ist die Zigarette heute zunehmend das Zeichen der Arbeiterklasse, Untergebenen und Unterschicht.
Würde heute der Held im Film seinem im Sterben liegenden Adjutanten noch eine letzte Zigarette zwischen die Lippen schieben, würde er wegen Folter angeklagt. Die Angestellten, die sich in hastigen Rauchpausen vor der Tür drängeln, deren Karrieren haben sich bereits für alle sichtbar im Dunst aufgelöst. Ein Manager, der seine Sucht öffentlich nicht im Griff hat? Undenkbar. Eltern, die ihre Kinder voll qualmen? Der Prominente in der Talkshow, der sich eine Zigarre anzündet? Der Gast im Gourmettempel, der sich ein Pfeifchen genehmigen möchte? Nicht mehr vorstellbar.
Besonders gut finde ich die Regelung, dass an Jugendliche erst ab 18 Jahren Tabakprodukte verkauft werden dürfen. Hat doch die Tabakwerbung seit Jahren gerade auf Kinder und Jugendliche großen Einfluss genommen, von dem böse Zungen behaupten, dass eben Nachwuchskonsumenten gebraucht werden, wenn zu viele Kunden sterben oder aufhören.
Bevor jetzt alle Raucher wieder alle tausendfach gehörten Rauchermärchen absondern. Bis sich das wirklich auswirkt dieses Rauchverbot, wird es dauern. Denn das Verbot wird ja nicht kontrolliert. Wenn man sich über einen Raucher auf öffentlichem Bahnsteig beschweren würde, bekäme man unter dem Applaus der gesamten, anwesenden Unterschicht eine Tracht Prügel verpasst. Wer Roth Händle raucht, frisst auch kleine Kinder.
Raucher sind humorlos, intolerant und bewaffnet. Also Vorsicht. Und sie sind nicht zurechnungsfähig. Ihre Sucht lässt sie zu unkontrollierbaren Monstern mutieren. Nach 20 Minuten ohne Zigarette bekommt jeder Raucher von unserer toleranten Jurisprudenz für Lynchjustiz auf offener Strasse mildernde Umstände.
Deshalb empfehle ich, niemals Bahn zu fahren sondern nur Rolls Royce. Nicht Angestellter zu sein, sondern Boss. Nicht in ein Restaurant gehen, sondern in einen Privatclub. Überall dort darf man rauchen, wie man möchte. Allerdings - sollte man das wirklich erreichen, ist man sowieso Nichtraucher.
Montag, 27. August 2007
Haushaltspläne
Jeder 2. Mann hilft nicht im Haushalt. Emanzipation? Von wegen - In deutschen Haushalten hat sich nichts geändert! Das ergab eine Forsa-Studie im Auftrag von Kabel 1 (1.000 Befragte): Danach überlässt noch immer fast jeder 2. Mann seiner Partnerin die Hausarbeit! 85% der Männer wissen, was zu tun wäre. Aber nur 53% helfen ihrer Partnerin auch. 43% machen daheim gar nichts. Gerade 5% führen statt der Frau den Haushalt. Als Grund geben die Männer berufliche Belastung (77%) und die klassische Rollenverteilung (14%) an. Anlass der Studie war die Dokumentation „Männer allein daheim“ ab 2.7. (20:15) auf Kabel 1.
Das hat mich schon früher amüsiert. Wenn ich bei Bekannten zu Besuch war, saß der Hausherr oft nur am Tisch, während die Dame des Hauses wie eine eifrige Fee herum wuselte und sich um alles kümmerte. Klar, die Begründung mit der klassischen Rollenverteilung. Früher war das so. Der Mann ging zur Arbeit und versorgte die Familie, die Hausfrau und Mutter kümmerte sich um Haus, Garten und Kinder.
Das Witzige dabei ist: Heute nehmen diese Rolle auch Männer ein, deren Frauen genauso zur Arbeit fahren wie sie selbst. Oder, überspitzt gesagt, die zu Hause sitzen, während die Frauen zur Arbeit gehen und anschließend den Haushalt machen
Und woran liegt das? Da spricht noch das Reptiliengehirn. Der Mann sitzt abends nach der Jagd nun mal am Lagerfeuer, während die Frau das erlegte Mammut zubereitet. Und das bleibt auch so, selbst wenn Mann und Frau alleine wohnen sollten. Solange sie sich der Mechanismen ihres Reptiliengehirns nicht bewusst werden, wird die Frau beim Nachhausekommen automatisch in die Küche abschwenken, während sich der große, weiße Jäger wohlig grunzend vor sein Lagerfeuer, heute TV, fallen lässt. Dieser Reflex lässt sich auch in anderen hierarchischen Strukturen wie z.B. einem entsprechend geführten Unternehmen beobachten. Derjenige, der es auf eine bestimmte Position geschafft hat, von der er annimmt, es sei die „Hausherr - Position“, neigt dazu seine Lagefeuer-Haltung einzunehmen und nichts zu tun.
Deshalb mein Aufruf an alle, die sich an dieser Rollenverteilung stören: Fragen Sie sich selbst als erstes, warum sie selber in dieser Rolle bleiben und warum Sie es tolerieren, dass Ihr Partner ebenfalls diese Rolle einnimmt? Werden Sie sich dieser Mechanismen bewusst -und dann ändern Sie Ihre eigenen Automatismen.
Auch hier gilt, was immer gilt: Wenn Sie sich selbst ändern, ändert sich die ganze Welt.
Dienstag, 24. Juli 2007
Preview
Also, da hatte Christof diese Idee. Ein Empfehlungstool für Leute, die man mag, oder so. Das Gegenteil einer „Schwarzen Liste“ quasi. Wirklich klar ist das vermutlich den Wenigsten, die erstmals davon hören. Stelle ich jedenfalls fest, wenn ich mich - ganz behutsam - in meinem Umfeld umhöre.
Was ist das? Ein Empfehlungstool? Das gibt es doch schon dutzendfach. Was soll denn das bringen? Dafür habe ich keine Zeit. Völlig uninteressant!
Und dann gibt es einige wenige, die davon hören und sagen: „Warum gibt es das erst jetzt? Das ist genau das, was ich mir schon immer vorgestellt habe.“ Für diese Idee ist die Zeit aber schon so was von reif.
Jetzt steht also seit fast 3 Wochen „MyWhitelist“ im Netz. Eine Idee, die zunächst trennt und die dadurch verbindet. Entweder bringt sie bei jemandem eine Seite zum Klingen oder die Schallwellen verschwinden im Nirwana.
Wie ich „MyWhitelist“ verstehe, werde ich die neue Plattform nutzen, um auch beruflich mehr Menschen kennen zu lernen, mit denen ich mich vielleicht auch privat gut verstehen würde. Wo mich interessierende Themen auch wirklich von verschiedenen Seiten beleuchtet werden, nicht zerredet. Und wo zunächst der Wohlfühlgedanke im Vordergrund steht, nicht der pekuniäre.
Wobei das eine das andere überhaupt nicht ausschließt, sondern im Gegenteil nach vorne bringt. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte.
Ich bin auf jeden Fall froh, dass „MyWhitelist“ in den Startlöchern ist. Jetzt liegt es an allen, die sich daran beteiligen, ihr Denken auch einzubringen und eine Idee zu verfolgen, die sich mehr und mehr Raum brechen wird.
Erinnern möchte ich allerdings auch daran, dass erst Geduld aus einem Korn eine Kanne Bier macht. In diesem Sinne, Prost!
Mittwoch, 30. Mai 2007
Zufallskunst
Peter von Felbert fotografierte dieses Objekt die Tage in Berchtesgaden. Da ich unlängst Kunst mit der Verdichtung von Qualität umschrieben habe, ist das ein schönes Beispiel von Zufallskunst. Hier hat unübersehbar und offensichtlich jemand seine Fähigkeiten im zuschneiden und stapeln von Holz zu einer Kunst werden lassen. Er selbst wird das so sicher nicht sehen. Aber das ging Christo auch so als er in Polen Strohballen einpackte.
Bild: Peter von Felbert
Freitag, 9. Februar 2007
Spielbälle
Die Idee an sich ist wie Ball. Im Prinzip nichts. Egal, aus welchem Holz sie auch geschnitzt ist. Den schönsten Toren der Welt ist es, auf gut Deutsch gesagt, egal, mit welchem Ball sie geschossen wurden. Den wichtigsten Toren geht es nicht anders. Welcher Ball war es noch mal? Ideen werden erst dann wertvoll, wichtig und unersetztlich, wenn sie etwas Großartiges bewirken, vollbringen, erzielen. Denn eins ist mal klar - ohne Ball - kein Tor. Das sähe dann aus wie ein Luftgitarrenwettbewerb nur mit Luftfußbällen. Was nebenbei bemerkt genau den Charakter der Massen von schlechten Einfällen umschreibt. In Gedanken ist jedes Tor mindestens ein Tor des Monats oder in 92 Minuten das entscheidende bei einem WM- Endspiel. Aber der Ball an sich stellt keinen Wert dar. Man muss ihn schon ins Spiel bringen. Mein Kopf ist voller Bälle, die ich unmöglich alle ins Spiel bringen kann. Na und? Der Ball, der nicht gespielt ist, den sieht und vermisst ja keiner. Außer in meinen Gedanken. Wie gerne würde ich mitspielen und mit meinen Ideen ein Traumtor nach dem anderen reinhämmern und einige sehr wichtige wären sicher auch dabei. Aber so geht das Spiel, nicht jeder Ball kann mitspielen. Somit liegen viele Ideen wie Fußbälle in der Garagenecke. Dabei hätten sie alle das Zeug dazu, das wichtigste Tor für irgend jemanden zu schießen. Aber für viele Bälle, sowie für viele Ideen in meinem Kopf, wird das wohl ein Traum bleiben. Besser, man gewöhnt sich an den Gedanken, sonst zieht das einen noch runter. Man muss einfach die Chancen verwandeln, die man sich erarbeitet hat, oder die einem gegeben werden. Vielleicht schaut man dann in Jahren in die Ecke der Garage und dort liegt dann kein Ball mehr. Was für eine schöne Vorstellung.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: Viele Tischkickerbälle auf einem Haufen)
Freitag, 2. Februar 2007
Encore une fois : French Connection
Ein Meilenstein der Filmgeschichte. Meine Auferstehung von Gene Hackman zu einem der Größten. Ich liebe diesen Film. Und das schönste, es gibt einen zweiten Teil. Und dieser ist dem erste ebenbürtig. Was selten gelingt. Aber hier sind zwei wie einer.
Donnerstag, 1. Februar 2007
Good to see: Good morning Vietnam
Ein Film wie ein Wechselbad der Gefühle. Hier liegen Weinen und Lachen nicht nur nah bei einander, sondern überschneiden sich häufig. Robin Williams spielt sich hier für immer in mein Herz. Ein unverbessliches Meisterwerk für mich. Und ein Beweis dafür das man jedem Thema ohne pathetisch werden zu müssen gefährlich nah auf die Pelle rücken kann, oder sogar hin und wieder wie in diesem Fall auf den Grund.
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