Mittwoch, 30. September 2009
Dann mache ich es eben selbst
Wenn man Heute nach einer solchen speziellen Person in einer Agentur Ausschau hält, dann ist da niemand, oder immer dieselben. Es sind weniger geworden, die mehr leisten können müssen. Was natürlich nicht immer der Fall sein kann.
Ich für meinen Teil habe vor Jahren damit angefangen nicht mehr um Hilfe zu rufen. Geschweige bringe ich die Geduld auf bis mal was da ist. So habe ich angefangen vieles selbst zu machen. Nicht weil ich wollte, sondern weil ich musste. Konzept, Strategie und Texten konnte ich ja schon. Das mit dem gestalten hatte ich noch nicht so drauf. Mit dem Internet packte ich die Chance und fing selbst an zu gestalten.
Denn vor mir tat sich eine Lücke auf. Die klassischen Gestalter konnten nicht für das Internet gestalten. Die Entwürfe waren oft unbrauchbar. Und die Programmierer konnten nicht gestalten weil sie keine Ahnung hatten von Gestaltung. Und die neue Generation der Gestalter die Programmieren können gab und gibt es noch nicht. Somit war das meine Chance.
Und ich konzipierte, gestaltet und texte ganze Internetseiten selbst. Und es machte auch noch Spaß. Eine Hürde galt es zu nehmen - das Programmieren. Denn beim Gestalten hatte ich 20 Jahre so gute Lehrer, dass mir bei den eingeschränkten Möglichkeiten im Internet nicht Bange wurde. Aber das mit dem Programmieren war eine ganz schöne Überwindung. Aber wenn es mal läuft, dann ist man nicht mehr zu stoppen.
Ein Welt voller Fremdwörter ist mir Heute weites gehend vertraut. Und ich schwimme bei der Welle der Entwicklung vorne mit. Schon witzig wenn man früher alles Fragen musste um Kreativ sein zu können. Heute brauche ich in diesem Bereich niemanden mehr zu Fragen. So schön das ist, so erschreckend ist das. Denn die vielen unterschiedlichen Menschen, die Gespräche die Lebensläufe fehlen einem schon.
Der Job wird Einsammer. Vor allem wenn man ihn erfolgreich machen will. So ändern sich die Zeiten. Die meiste Zeit sitze ich alleine am Rechner. Weil ein Großteil ohnehin nicht versteht was ich machen. Die Freuen sich nur über das Online Ergebnis. Und alle anderen die sehe ich selten persönlich. Obwohl wir über Skype und Mail und Telefon ständig miteinander in Verbindung sind. Aber das ist was anderes. Was ganz anderes als früher. Man ist isoliert und auf sich gestellt. Deshalb leisten wir es uns in regelmäßigen Abständen das wir uns sehen. Und dann sitzen wir alle genau so Geräuschlos vor unseren Rechner zusammen in meinen Büros. Seltsam an diesen Tagen, dass es kaum mails gibt und Skype so gut wie Tod und man kaum miteinander spricht.
Es ist ungewohnt. Ganz anders ist es dann Abends, wenn wir die Tastatur mal bei Seite schieben und die Maus rechts liegen lassen. Dann sitzen da wieder Menschen zusammen. Und man bemerkt wie abgeschottet man über den Tag ist. Ich für meinen Teil kann kreativ weit aus schöpferischer sein als früher, dass Internet sei Dank. Aber die Einsamkeit des Programmierens und des Templates bauen, dass gefummel im CSS und HTML, dass Plugins einbauen und verschieben, dass verknüpfen und verbinden, das Farben und Schriften aussuchen und einstellen...alles das würde zusammen mehr Spaß machen. Aber das geht leider nicht.
So hat alles Gute immer etwas im Gepäck mit dem man nicht Gerechnet hat. Aber eins ist jetzt schon klar, es kommen auch wieder andere Zeiten. Nur was da kommt, dass weiß keiner. Zum Glück.
Mittwoch, 3. Dezember 2008
Der Meetinghasser
Da saß ich nun. Erst wollte ich mit allen Mitteln rein und dann wollte ich mit allen Mitteln raus. Meetings. Meine Vorstellung und meine Erwartungshaltung von Meetings, vor allem Agenturmeetings, war eine völlig andere, als es sich dann in der Realität darstellte. Ich dachte, da muss man dabei sein. Da werden die Weichen gestellt. Da werden die wichtigen Dinge entschieden. Und dann das. Alle kommen zu spät. Jeder hat was vergessen. Ein ständiges rein und raus. Kaum einer ist gut vorbereitet. Erst mal setzen, Kaffee trinken und schauen, was passiert. Es gibt wenig, was mir aus meiner Werbervergangenheit in Düsseldorf mehr in schlechterer Erinnerung ist, als diese Meeting-Kultur. Von einem Meeting ins andere. Und nie war man wirklich einen Schritt weiter. Eigentlich trat man immer auf der Stelle. Und dieses unsägliche Gelaber. Es war schon alles gesagt, nur noch nicht von allen. Diese immer wiederkehrenden Rollenspiele. Um die Sache ging es nur in den seltensten Fällen. Und die Zeit tickt. Die Arbeitszeit. Die Freizeit. Also unter dem Strich die Lebenszeit. Schon im Meeting wurde ich immer nervös, weil mir kostbare Zeit gestohlen wurde. Wenn man alle sinnlosen Meetings auf ein Zeitkonto buchen könnte, da würden sich Milliarden von Jahren aufhäufen. Und was das eigentlich kostet und wert ist. Zeit und Kapital, das man so sinnvoll hätte nutzen und investieren können. Ich kam damals schnell zu der Meinung, dass 60% der Zeit sinnlos in Meetings vergeudet wird. Im Meeting. Was ist diese Formulierung mir ein Greuel. Heute denke ich, dass ich einfach für diese Art von Meeting zu ungeduldig war. Zudem zerrinnt kostbare Zeit so sinnlos. Und immer dachte ich mir, was ich stattdessen lieber machen würde. Viel ist mir in den Sinn gekommen.
Heute gibt es natürlich auch noch Meetings. Aber es gibt nur zwei Arten. Die schnellen und die intensiven. Die schnellen haben immer und nur etwas mit der Sache zu tun. Da ist Geschwindigkeit eine der wichtigsten Qualitäten. Und die intensiven haben etwas mit Menschen zu tun. Da geht es nicht um die Sache oder den Job an sich, sondern um die Menschen. Diese Meetings verlangen nach Intensität, darum können und sollen sie nicht kurz sein. Man nimmt sich für Menschen Zeit. Für die Arbeit so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Und weiter geht es.
Donnerstag, 24. Juli 2008
Aktion gegen den Werbemonolog - für den gepflegten Werbedialog

Lang ist es her, da wusste man schon, dass Werbung im Sinne von Wirkung über den plumpen Monolog hinausgehen muss. Es ist so lang her, dass statt dem Wort „Schwarzer*“ dort ein Wort thronte, dass sich heute nicht mehr ziemt. Schwamm drüber.
Werbung, die nur das sichtbar macht, was man ohnehin sieht oder nur das beschreibt, was ohnehin zu lesen ist, fällt unter die große und völlig wirkungslose Gruppe der Werbeverfehlungen.
Leider fehlt oft der Glaube daran, wie Kommunikation wirklich funktioniert. Vom Wissen darum ganz zu schweigen. Deshalb besteht der Großteil der Werbung aus Werbeverfehlungen. Was daran liegt, dass die Verursacher denken, die Zielgruppe versteht nur das, was man sagt und sieht. Und das muss so etwas von eindeutig sein, dass damit gute Kommunikation unmöglich wird. Ausgeschlossen.
Denn wirkungsvolle Kommunikation löst einen Dialog mit der Zielgruppe aus, welcher sich im Bewusstsein verankert. Dialog bedeutet, dass eine Aktion zwischen Sender und Empfänger ausgelöst wird, welche über die reine Wahrnehmung hinausgeht. Und welche zu einer weitergehenden Verarbeitung der Botschaft führt.
Beim Betrachter einer Werbebotschaft soll somit eine Wirkung ausgelöst werden, welche positiv sein muss. Die Marke, das Markenversprechen soll zu einem Spitzenplatz im Relevant Set führen. Denn die Markenentscheidung führt letztendlich zur Kaufentscheidung. Wer da vorne ist, ist auch am Ladentisch vorne.
Wenn man aber kontinuierlich Botschaften aussendet, welche zu keinerlei Dialog führen, bleibt die gewollte positive Werbewirkung aus. Man muss einfach wissen, dass jede Botschaft unweigerlich auf eine Assoziation trifft. Ja, es ist kaum zu glauben, aber die Zielgruppe denkt. Und zwar was sie will. Und nicht so, wie die Werbung will.
Sprechen wir in der Werbung von Vertrauen, dann denkt die Zielgruppe an „Misstrauen“. Denn wenn jemand einen von einem Thema so überzeugen will, dann hat er offensichtlich genau damit ein Problem. Warum reitet er denn so darauf herum. Ein weiterer weit verbreiteter Fehler in der Werbung ist – die Problembehebung. Anstatt die Stärken zu stärken, wird kontinuierlich versucht, die Probleme zu beheben, mit dem unweigerlichen Ergebnis, diese sukzessive zu verstärken.
Das ist so, als ob man chronisch unpünktlich ist. Und selber ständig allen erklärt, dass man nicht unpünktlich ist. Was den Fokus auf das eigentliche Problem verstärkt. Man macht sich so zum Super-Unpünktlichen. Ist der Unpünktliche aber genau derjenige, der den besten Wein mitbringt, dann sollte er diese Stärke in den Vordergrund stellen. Der mit dem besonders guten Geschmack, den er gerne mit anderen teilt. So oder so ähnlich.
Werbung wäre so einfach, so gut und so viel wirkungsvoller, wenn die Entscheider und Macher nicht ihren eigenen Horizont als Maßstab nehmen würden und wenn diese Ihre Zielgruppen nicht für dumm halten und dumm verkaufen würden. Und wenn Sie Wissen nicht voraussetzen würden.
Also - Dialog statt Monolog. Was soll bei der Zielgruppe als positive Botschaft in guter Erinnerung bleiben? Das kann Werbung leisten, nicht mehr und nicht weniger. Reden Sie über die Stärken und bringen Sie den Mut auf, dass jede Kommunikation auch eine Stück weit eine Begegnung und eine Überwindung darstellt. Unverständnis, Irritation, Verwunderung, Andersartigkeit und so weiter sind alles wesentlich wirkungsvollere Instrumente im Sinne von Werbewirkung. Das müssen Sie nicht wissen, aber glauben sie wenigstens daran.
Freitag, 23. März 2007
Als "Digital" noch eine Frage war
Vor noch nicht allzu langer Zeit. Da kamen nach einem Shooting diese Bögen rein. Mit den Kontaktabzügen. Der Fotograf hat dann schon mal gelbe Punkte auf die Bilder geklebt, die er für gut befand. Das konnte die Art-Abteilung natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Und klebte rote Punkte auf diese kleinen Kontaktabzüge. Von den Bildern konnte man fast nichts erkennen. Darum nahm man eine Lupe zu Hilfe. So saßen sie da, die Art-Menschen, gebeugt über die Bögen und stöhnten vor sich hin. Von der letztendlichen Auswahl wurden dann richtige Abzüge gemacht. Und aus denen wurde wiederum eine Auswahl getroffen, und die bekam der Kunde zu sehen. Hunderte Filme hat er bezahlt, aber nur drei Bilder zu Gesicht bekommen. So war das vor nicht allzu langer Zeit. Heute ist das alles anders. Nicht besser. Nur wie vieles: mehr und schneller. Der Kunde bekommt Hunderte Bilder, die Art-Abteilung Tausende. Digital ist keine Frage mehr, sondern die Antwort. Ob es in der Sache besser wird, ja. Denn Bilder finden jetzt viel mehr Verwendung. Früher waren Bilder, vor allem gute Bilder, der Champions League vorbehalten. Dem ist heute nicht mehr so. Die digitale Welt hat mehr Bilder, viel mehr Bilder. Ich finde das gut. Denn der kreative Horizont wird dadurch viel weiter. Früher waren Filme kostbar. Jedes Foto hatte seinen eigenen technischen Wert. Heute ist mehr Raum und Zeit für den Fotografen da. Denn die technischen Kosten fallen weg. Und er kann mehr von dem machen, was sein eigentliches Interessen sein sollte: tolle Bilder.
foto: peter von felbert
Dienstag, 23. Januar 2007
Über die Angst vor dem Fehler
Mein erster CD (Creativ Direktor) hat ganz am Anfang einen Schlüsselsatz zu mir gesagt. Es ist lange her, es war so um 1989. Ohne diesen Satz hätte ich nie den Mut aufgebracht zu schreiben: "Du musst gut schreiben, für richtiges Schreiben gibt es Lektoren." Dieser Satz hat mir mit einem Schlag klar gemacht, dass ich keine Angst haben muss vor Fehlern, denn es leben Menschen davon, dass Menschen wie ich Fehler machen. Die verdienen ihr Geld damit. So dachte ich mir, an mir werden einige sehr, sehr viel Geld verdienen. Dieses Statement hat geradezu glücklich gemacht. Denn würde ich fehlerfrei schreiben, hätten diese netten Menschen keinen Job. Somit sind Fehler, somit auch meine Fehler, Teil des Systems, das mir die Kraft gibt, mich auf das Wesentliche konzentrieren zu dürfen. Im Laufe der Jahre habe ich dann erfahren, was andere so abliefern und was berühmte Schriftsteller ihren glücklichen Lektoren zumuten. Wunderbar. Eine sehr schöne Symbiose. Meine Angst vor dem Fehler war wie verflogen. Und es kommt noch besser. Die meisten Lektoren sind Lektorinnen. Und sie liebten meine Texte, denn an denen konnten sie zeigen, was sie drauf hatten. Die Lektorinnen in der Agentur damals rangelten sich regelrecht um meine Texte. Im Zuge der Zeit treffe ich natürlich immer wieder Menschen, welche die Nase rümpfen, wenn sie meine Fehler sehen. Die Erklärung, dass ich Legastheniker bin, ändert an dem Rümpfen nichts. Macht es eigentlich nur noch schlimmer. Das hat mich immer irritiert. Warum Menschen nicht den Inhalt meines Schreibens wirken lassen und sich problemlos vorstellen können, dass man diesen auch bis auf das letzte Komma richtig schreiben kann. Sondern ganz im Gegenteil, kaum haben sie die ersten paar Worte überflogen, fangen sie an zu korrigieren und können so dem Inhalt unmöglich folgen. Mein Vater sagte mal, dass es im Auge weh tut, wenn man Fehler sieht. Man ist so programmiert auf Richtigkeit, dass viele nicht anders können. Zudem liefere ich natürlich eine wunderbare Angriffsfläche für alle, die sich gerne erhöhen wollen, oder die mich gerne so dominieren wollen. Denn sie geben mir das Gefühl von Lehrer und Schüler. Wenn ich die gesamte Zeit betrachte, kann ich nur sagen: Scheiß drauf. Ich kann die Menschen nicht ändern. Aber ich kann immer weiter schreiben. Ob und wem das gefällt oder nicht. Und wenn es mich nicht gäbe, gäbe es in Deutschland ca. 10.000 weitere arbeitslose Lektoren und Lektorinnen. Deshalb kann ich auf die Angst Fehler zu machen nur entgegnen: Diese ist unbegründet und wird nur zur unkontrollierten Angst, weil Menschen Deine Fehler benutzen, um Dir ein schlechtes Gewissen zu machen, sich über Dich zu erheben und vor allem eins - von ihren eigenen Fehlern abzulenken, die man bei weitem nicht so einfach korrigieren kann wie einen Kommafehler. Deshalb entziehe Dich, wenn Du kannst, Menschen, die dir fortlaufend nur Deine Fehler aufs Brot schmieren. Es gibt auch die anderen. Und unter deines Gleichen ist das Arbeiten und das Leben gleich viel wunderbarer.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Christof beim schreiben)
Donnerstag, 16. November 2006
Das allerletzte Hemd
Rückblickend kann ich behaupten, dass immer derselbe Typus Mensch bzw. Mann. bzw. Entscheider mir zum Verhängnis wurde. Da konnte ich machen, was ich wollte. Mich wenden und drehen. Wenn Männer mit farblich abgesetztem Hemdkragen mir gegenüber saßen, war ich verloren. Polen offen. Land unter.
Wie eine Verschwörung zieht sich das durch mein Werberleben. Sobald dieses Erkennungsmerkmal auftauchte, waren meine Tage als Agentur gezählt. Meine Ideen für die Katz. Wenn sich zu dem Hemd dann auch noch eine Kravattennadel gesellte und der Herr eine Goldrandbrille trug, ja dann konnte ich ohne ein Sterbenswort zu verlieren auch gleich wieder den Raum verlassen. Und noch nie ist das Gegenteil mir widerfahren.
Also, für Menschen wie mich sind diese Hemden das Ende der Fahnenstange. Ebenso Typen, die Schuhe tragen mit Bommeln drauf. Keine Chance.
Dienstag, 5. September 2006
CARAVAN SALON Düsseldorf – Nachbetrachtung

Was ihr da seht, werdet ihr nicht glauben. Es ist das Ende der Werbekultur. Sozusagen das jüngste Werbegericht. Es ist ein Plakat. Ein Plakat. Plakat.
Gesehen in Halle 5 auf dem CARAVAN SALON in Düsseldorf. Und als Herr Matthes und meine Wenigkeit dieses Plakat erblickten, musste ich sofort ein Foto davon machen. Hier hört die Geschichte aber nicht auf, sondern fängt genau hier erst an. Denn als ich meinen Blick vom Sucher nahm, schweifte mein Blick nach links. Zu einer Person, die sich mir näherte. Ich blickte wieder auf das Plakat. Und wieder auf die Person und wieder auf das Plakat. Das wiederholte sich in einem Zeitraum von ca. 5 Sekunden so ca. 80zig mal.
Bis ich sicher war, der Mann zu meiner Linken war das Modell auf dem Plakat. Der mir unaufhörlich die Vorzüge eines Grills darbot. Herr Matthes konnte dieser Situation nur mit geschulter Atemtechnik lebend entkommen. Sonst wäre er ein weiterer Fall von "Ganz klar – tot gelacht" gewesen. Um das zu vermeiden, hat er sich eine Überlebenstechnik angewöhnt, bei der er mit gezielten Atemstößen dem sicheren Lachtod entgeht.
Bei mir entwicklete sich die Lage zunehmend gefährlicher, denn mir fehlten einfach die Worte. Und wer mich kennt, weiß das etwas Besonderes passiert sein musste. Als wir uns nach ca. 3 Minuten Grillkunde dem Stand entziehen konnten, wußten wir: Das ist eine Story für die Nachwelt.
Das Ende der Werbung. Da ist es. Kein Fotograf. Kein Model. Kein Styling. Kein Licht. Kein Logo. Kein Text. Kein Format. Kein nichts. Einfach nur brutal auf die Wirklichkeit gehalten. Wir können gehen. Die Segel streichen. Die Welt der Werbung, dreht sich auch ohne uns unaufhörlich weiter. Und so wie es aussieht, in eine völlig falsche Richtung.
Und glaubt mir bzw. uns, da gab es noch so einige merkwürde Erscheinungen, die nur einen Schluss zu lassen: Die Werbewelt ist arg verdreht.
Mittwoch, 23. August 2006
Nicht riechen können
Und er hatte die unangenehme Angewohnheit: er roch. Und zwar sehr. Penetrant nach Angstschweiß. Das war so extrem, dass, wenn man ein Meeting in seinem Zimmer hatte, man das nur durch Atemtechnik überleben konnte. Oder man musste die paar Sekunden überleben, bis man das Fenster aufgerissen hatte. Und natürlich auch genau da Platz nehmen.
Das seltsame war, dass er das selbst offensichtlich nicht wahrgenommen hat. Oder zumindest falsch. Denn er stopfte sich den ganzen Tag Atembonbons rein. Fishermans Friend. In allen Farben und Formen. Obwohl er eigentlich keinen Mund-, sondern starken Körpergeruch hatte. So lange ich da war, hat ihn niemand darauf hingewiesen. Keiner hat jemals in meinem Beisein, oder meines Wissens geäußert: "Mensch, du riechts so streng!", oder einfach "Du stinkst!". Keiner. Niemals.
Diesem Umstand gesellte sich noch ein weiterer hinzu. Wir konnten uns nicht riechen. Aber er war mein Chef. Einer meiner zahlreichen Chefs. Wenn man morgens ins Büro kam, konnte man zweifelsfrei erkennen, in welche Richtung er als letztes über den Flur gegangen ist. Denn dieser Gestank lag wie kalter Zigarettengestank, was sag ich, stand in der Luft.
Wollte man ihm also aus dem Weg gehen, musste man nur dem Gestank ausweichen. Musste man ihn aufsuchen. Musste man nur dem Gestank folgen. Was mich bis heute an diesem Umstand unglaublich irritiert und mich für mein Leben geprägt hat. Wenn du oben bist, sagt dir niemand mehr die Wirklichkeit, von der Wahrheit mal ganz zu schweigen. Die sagen dir nicht mal, ob du die Hose offen hast, einen auffälligen Fleck im Schrittbereich. Oder ob du unangenehm riechst. Wenn den Menschen die offensichtlich menschlichen Aspekte nicht mal über die Lippen gehen. Dann weiß man auch wie es um alle anderen bestellt ist.
Deshalb ist es so wichtig, egal, wo man ist und wer man ist, dass man seinen eigenen Sinnesorganen genügend Aufmerksamkeit schenkt. Oder zumindest einen Menschen kennt, der sich traut zu sagen: Mensch, du stinkst.
Das genaue Gegenteil von diesen natürlichen Stinkern sind die total Überparfümierten. Die sich ebenfalls aus anderen Gründen nicht selbst riechen können. Oder zumindest verhindern wollen, dass andere den eigenen Geruch wahrnehmen. Das ist ebenso unerträglich.
Also, man kann sich, je höher man kommt, auf immer weniger Menschen wirklich verlassen. Deshalb muss man die wenigen, oder den oder die eine hegen und pflegen. Denn, wenn die Wirklichkeiten und Wahrheiten nicht mehr zu einem vordringen, dann ist man schon auf dem falschen Weg. Dem Holzweg.
Donnerstag, 13. Juli 2006
Ein echter Hintze
...Wir müssen nicht langsam weniger schlecht werden. Vor allem nicht sehr langsam. Sondern wir sollten einfach anfangen, ganz schnell besser zu sein....
Copyright by Christof Hintze 2006
Donnerstag, 22. Juni 2006
Werbegeschichten – Pudelmütze
Das ärgerte Christof so sehr, dass er eine Wette machte mit Ulli. Dass er, Christof, die ganze Präsentation mit einer Pudelmütze machen würde (es war Spätsommer). Und dass niemand in der Runde Fragen würde, warum. Es ging um eine Flasche Champagner (hört, hört, so war das früher in der Werbung). Damit wollte er beweisen, dass es nicht um die Aufmerksamkeit geht, sondern um die Wirkung. Und wenn man zuviel oder das falsche Involvement präsentiert, man das eigentliche Ziel unweigerlich verfehlen wird. Denn alle werden sich immer an die Präsentation mit der Pudelmütze erinnern, aber nicht daran, was eigentlich präsentiert wurde. So kann man mit einer Idee sehr viel mehr bewirken als mit 1000 Pappen.
So geschah es, dass Christof in Anzug und Krawatte und Pudelmütze vor dem Kunden stand. Der die ganze Präsentation lang nur auf die Mütze starrte. Sich aber bis zum Schluss nicht traute, zu fragen, was das soll. So lüftete Christof ganz am Schluss der Präsentation das Geheimnis. Mit dem Ziel, dass zukünftige Präsentationen sich ausschließlioch auf die Idee konzentrieren sollten. Der Kunde fand das eine tolle Idee. Ulli nicht. Und so blieb – nach kurzer Zeit – alles beim Alten.
Abert einen Versuch war es wert. Und die Präsentation mit der Mütze hat ihre Wirkung nicht ganz verfehlt. Die Moral von der Geschichte lautet: Auch die besten Argumente helfen nichts, wenn jemand andere Interessen verfolgt als man selbst. Da muss man dann in letzter Konsequenz bereit sein, entweder die Mütze zu nehmen oder die Interessen des anderen mit zu tragen.
Mittwoch, 21. Juni 2006
Werbegeschichten - Größe macht blind
Zu jener Zeit trug es sich zu, dass der Chef, Herr Akio Morita, eine Idee hatte. Eigentlich war es nicht so richtig seine. Sondern er hatte nur den Wunsch eines Freundes erfüllt. Der hieß Leonard Bernstein. Und wünschte sich, überall Musik hören zu können. Gesagt getan. Schuf Herr Morita den Walkman. Von der eigenen Idee beseelt stellt er diese seinen ganze Marketingprofis vor. Die kamen aus der ganzen Welt.
Und die Begeisterung für den Walkman konnten diese überhaupt nicht teilen. Zu gefährlich. Zu kompliziert. Zu umständlich. Fanden die Top-Verdiener und Top-Entscheider die Idee. Herr Morita setzte sich trotzdem durch. Manchmal ist es nicht schlecht, der Chef von dem Ganzen zu sein.
Die Erfolgsgeschichte kennt nun jeder. Aber wie es nicht weiter ging. Das hat es in sich. Die Top-Verdiener und die Top-Entscheider haben nach dem Tod von Akio Morita einige unwesentliche Entwicklungen nicht nur nicht gesehen, sondern geradezu ignoriert. Man war ja Sony. Das allein genügt, um aus jeder Fernbedienung eine Innovation zu machen. Um Märkte zu beherrschen.
Aber es kommt auch in der Industrie immer anders, als man denkt. So hat man den Computermarkt verpasst, aber auf den Musikmarkt gesetzt (was sie teuer zu stehen kommen sollte). So hat man den Handymarkt verpasst (obwohl alle auf den Talkman warten – bis heute!). Aber auf den Filmmarkt gesetzt (was sie teuer zu stehen kommen sollte.) So hat man den Flachbildschirmmarkt verpasst. Den Plasmatronmarkt. Und auch den MP3-Player-Markt. Und ...
Aber man hat gegen den Willen des Konsumenten ihm einen Memorystick aufs Auge drücke wollen. Ein Mini Disc System und einiges anderes (was sie alles teuer zu stehen kam).
Das Ende der Gesichichte ist kurz erzählt. Sony ist heute ein Sanierungsfall. Wer hätte das je gedacht, der mal stolzer Besitzer eines Sony Walkman war.
Für alle, die sich darunter nichts mehr vorstellen können, so sah er aus, und das Gefühl war, als ob man einen iPod besitzen würde. Eine der begehrtesten Marken der 80er und 90er verschwindet in den Paletten des Mediamarkts. Womit? Mit Recht!
Hochmut kommt eben auch hier vor dem Fall.

Freitag, 16. Juni 2006
Werbergeschichten (1)
Es war einmal eine Werbeagentur in Düsseldorf, die da hieß Ernst & Partner. Es war in den späten 80ern. Die gibt es schon lange nicht mehr, die Agentur, die 80er sind natürlich vorbei. Da trug sich folgendes jämmerliche Ereignis zu. Der sehr junge Kundenberater Thomas und der junge Junior-Texter Christof hatten die überaus ehrenvolle Aufgabe, für ein Produkt mit dem klangvollen Namen Javaanse Jongens ein Thekendisplay für eine deutschlandweite Verkaufsförderungsaktion zu konzipieren (Hört, hört – ja, das gab es damals noch. Sogar mit Budget, Briefing und Timing. Unglaublich, aber so war das damals.) und dem Kunden angedeihen zu lassen, sprich: zu verkaufen.
Der Kunde war klein und gemein. Also genau das Richtige für zwei junge Renitente und zugleich Größenwahnsinnige. Denn der Kunde zahlte jeden Monat ein fettes Honorar. Das war zum einen wunderbar. Aber dafür ließ er die Agentur ordentlich schuften. Immer und immer wieder, Pappen auf und nieder. Er wollte, dass ihm für sein Geld ordentlich was geboten wurde. Mehr in Gewicht als in Ideen.
Zwei Wochen brüteten sie über einer genialen Idee, die die Welt noch nicht gesehen hatte. Voller Elan präsentierten sie diese eine, dieses in der Gewissheit, dass der Kunde vor Freude außer sich sein würde. Für eine solche geniale Lösung. Aber dem war mitnichten so. Sondern der Kunde fand die Idee überhaupt nicht gut. Und fragte nach den weiteren. Die es aber nicht gab. Denn, warum sollte man neben der Lösung viele alternative Ideen präsentieren, dachten die Greenhörner.
Voller Entsetzen, saßen die beiden Geschlagenen in der Straßenbahn zurück in die Agentur. Die verheerende Niederlage sprach sich natürlich schnell herum. Und Hohn und Spot ergoß sich über die beiden Jundspunde. Gescheitert? Karriereknick? Selbstzweifel?
Niedergeschlagen, deprimiert und voller Unverständnis saßen sie nach dem Mittags-Sushi beim Junior-Texter im Büro. Der da sagte: Jetzt erst recht. Dem zeigen wir es. Der will uns den Schneid abkaufen? Da hat er sich aber die Falschen ausgesucht. Wir machen jetzt 100 Ideen in einer Stunde und morgen sofort wieder einen Termin. Und dann wollen wir mal sehen. Den "schei... wir zu mit guten Ideen". Jetzt erst recht.
Gesagt – getan! In einer Stunde waren 100 Ideen geboren und einfach skiziert. Der Kundentermin wurde sofort gemacht. Und so zogen sie aus in ihre zweite Schlacht. Diese wurde heroisch gewonnen. Der Kunde entschied sich nach langem Hin und Her für eine der 100 Ideen (es könnte die Nummer 52 gewesen sein). Es dauerte Stunden. Aber wir hatten seinem Wunsch genüge getragen. Und einen beeindruckenden Arbeitsnachweis geliefert.
Natürlich war der Kunde immer noch klein und weiterhin gemein. Aber unser schillerndes Werber-Antlitz glänzte wieder.
Die Moral von der Geschicht: Ins Bockshorn jagen lass dich schon mal gar nicht.
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